Von China in die Südpfalz: Eine Kaserne als Corona-Quarantänestation Von Wolfgang Jung und Frank Rumpenhorst , dpa

Nach ihrer Rückkehr aus China sollen mehr als 100 Deutsche und ihre
Angehörigen an einem Bundeswehrstandort betreut werden. Ehrenamtliche
Helfer gehen für mindestens zwei Wochen freiwillig mit in Quarantäne.
Die Behörden betonen: Die Gefahr für die Bevölkerung ist gering.

Germersheim/Frankfurt (dpa) - Der Quarantäne-Block in der
Südpfalz-Kaserne in Germersheim glänzt vor Frische. «Das Gebäude
wurde erst 2018 fertiggestellt», sagt Bundeswehr-Hauptmann Josef
Vollmer nicht ohne Stolz. Das Objekt mit der aufgemalten Zahl 4 war
unbewohnt - bisher: Denn am Samstag wurden deutsche Staatsbürger und
Familienangehörige aus der vom Ausbruch des Coronavirus betroffenen
Stadt Wuhan am Stützpunkt des Luftwaffenausbildungsbataillons
erwartet. Ein kleiner Raum mit Etagenbett und ein Badezimmer mit
Handtuchwärmer: dies ist dann für zunächst zwei Wochen ihr Zuhause.

Dutzende Menschen auf einem begrenzten Raum: «Die größte Gefahr ist
der Lagerkoller», räumt Michael Sieland vom Deutschen Roten Kreuz
(DRK) ein. Die Organisation ist vor Ort für die Rückkehrer zuständig,

auch für den Kontakt im Quarantäne-Block. «Die Betreuung in der roten

Zone übernehmen 27 Freiwillige des DRK», sagt Sieland. «Wir wollen
die Menschen beschäftigen, die wohl froh und erleichtert über die
Rückkehr sind.» Für die etwa zwei Dutzend Kinder liege Spielzeug
bereit. «Und wir können jederzeit Nachschub bringen», betont Sieland.


In der Kaserne würden die «Menschen, die einiges durchgemacht haben»,

eine gute und angemessene Betreuung erhalten, ist die
rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine
Bätzing-Lichtenthäler (SPD) sicher. «Ich hoffe, dass alle nach zwei
Wochen gesund zu ihren Freunden und Familien zurückkehren können.»

Bis zu 14 Tagen dauert die Inkubationszeit - die Frist von der
möglichen Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch. Wird in dieser Zeit
in Block 4 eine Infektion mit dem Coronavirus entdeckt, müssen nicht
alle Rückkehrer länger bleiben. «Die Menschen werden in vier Gruppen

eingeteilt. Wenn Merkmale einer Erkrankung auftauchen, muss nur die
betroffene Gruppe bleiben - drei Gruppen können aber heimgehen», sagt
Landrat Fritz Brechtel aus Germersheim. Und wie ist die Stimmung der
Bevölkerung der südpfälzischen Stadt? «Gelassen», meint der
CDU-Politiker.

Spricht man Menschen in der Kommune mit etwa 20 000 Einwohnern an,
scheinen sich wirklich wenige Bürger große Sorgen zu machen. Die
Kaserne steht zudem am Rande der Stadt. Allerdings berichtet die
Zeitung «Die Rheinpfalz» auch, dass in den vergangenen Tagen in den
Apotheken von Germersheim die Verkaufszahlen für Mundschutz und
Desinfektionsmittel in die Höhe geschnellt seien. «Fachleute sagen:
Jeder Grippekranke ist ansteckender als ein Mensch mit Corona», meint
Landrat Brechtel. «Außerdem: Es kommen keine Kranken zu uns.»

«Wir minimieren mit der Quarantäne das Risiko - es ist eine reine
Vorsichtsmaßnahme», sagt der südpfälzische Bundestagsabgeordnete
Thomas Gebhart. Der CDU-Politiker ist Parlamentarischer
Staatssekretär beim Bundesgesundheitsministerium. «Experten sagen:
Das Virus ist nicht so aggressiv wie befürchtet. Die Gefahr für die
deutsche Bevölkerung bleibt gering», unterstreicht Gebhart. «Wir
reagieren angemessen, entschieden, ruhig und transparent.» Täglich
würden die Menschen in Block 4 ärztlich untersucht.

DRK-Mann Sieland zufolge steht dafür auch eine fahrbare Arztpraxis
bereit. «Wir haben einen Arzt mit Ebola-Erfahrung - und wir haben
unsere 27 ehrenamtlichen Mitarbeiter, die freiwillig mit in
Quarantäne gehen.» Einer von ihnen ist Oliver Talke. Dem 52-Jährigen

aus dem Westerwald fiel die Entscheidung nach eigenen Angaben leicht.
«Für solche Einsätze tragen wir das DRK-Zeichen auf dem Ärmel», s
agt
Talke an diesem grauen Februar-Tag. Jeder kenne die Situation. «Wir
sind von den Ärzten gebrieft, ich gehe da entspannt rein.»

Die Kosten für die Quarantäne übernimmt Staatssekretär Gebhart
zufolge der Bund. Auch die überwiegenden Kosten des Flugs wird die
Bundesregierung tragen. Die Passagiere müssen sich allerdings
beteiligen, wahrscheinlich müssen sie den Preis eines normalen
Economy-Flugtickets von China nach Frankfurt bezahlen.

Von Frankfurt sollten jene Menschen, die keine Anzeichen einer
Erkrankung zeigen, noch am Samstag in Bussen ins rund 100 Kilometer
entfernte Germersheim fahren. Sollte sich während des Aufenthalts in
der Südpfalz-Kaserne ein Verdachtsfall ergeben, stünden Krankenhäuser

in Ludwigshafen zur Behandlung bereit, sagte Gesundheitsministerin
Bätzing-Lichtenthäler.

Die Ankunft der Passagiere am Frankfurter Flughafen und damit in
Germersheim verzögerte sich am Samstag jedoch erheblich, da der
Bundeswehrflieger nicht wie geplant in Moskau zwischenlanden durfte.
Er wurde daher in der finnischen Hauptstadt Helsinki aufgetankt.