Umarmt euch! Warum uns körperliche Nähe guttut Von Marc Fleischmann, dpa

Eine Umarmung kann Glückshormone freisetzen und das Wohlbefinden
steigern. Der «Weltknuddeltag» soll daran erinnern, dass wir die Nähe

zueinander brauchen.

Berlin (dpa) - Der Mensch braucht Berührungen. Körperkontakt ist
wichtig - fast so wie die Luft zum Atmen. Erwachsenen hilft er bei
der Stressbewältigung, Babys beim Heranwachsen. Der jährlich
wiederkehrende «Weltknuddeltag» (Englisch: National Hugging Day) soll
uns am 21. Januar dazu bewegen, uns mehr in den Arm zu nehmen.

Warum ist Umarmen eigentlich gesund?

Die Haut eines Erwachsenen misst bis zu zwei Quadratmeter -
ausgebreitet wäre das in etwa die Größe einer Tür. Weil Körper un
d
Psyche eng zusammenhängen, lösen Berührungen auf unserem größten
und
sensibelsten Sinnesorgan etwas in uns aus. «Ohne Berührungen
verkümmert der Mensch und kann krank werden», sagt Ute Repschläger
vom Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK).

Werden wir umarmt, schüttet der Körper Botenstoffe aus, die im
Volksmund als «Glückshormone» bezeichnet werden. Oxytocin etwa
entfaltet eine beruhigende Wirkung, hilft beim Stressabbau und stärkt
zwischenmenschliche Bindungen. Dopamin wirkt stimmungsaufhellend.

Verschiedene Studien hätten gezeigt, dass das Herz von Menschen, die
sich regelmäßig umarmen, ruhiger schlägt, erklärt die Therapeutin.

Menschen mit regelmäßigem Körperkontakt wiesen zudem niedrigere
Stresshormon- und Blutdruckwerte auf.

Kinder werden oft umarmt, ältere Menschen eher weniger - warum?

«Kinder suchen von sich aus körperliche Nähe zur Stressbewältigung
»,
erklärt Martin Grunwald, Leiter des Haptik-Forschungslabors an der
Universität Leipzig. Gerade die Kindheit sei eine «wichtige
Kontaktzeit». Vor allem in der frühkindlichen Entwicklung habe dieser
Kontakt einen fundamentalen Einfluss, ergänzt Repschläger.

Besonders ältere Menschen aber leben oft mit einem Berührungsdefizit.
Ausreichenden Kontakt gibt es oft nur, solange der Partner noch lebt.
Grunwald: «Die Körperlosigkeit eines alten Menschen können sich die
jungen gar nicht vorstellen.»

Nicht jeder hat Freunde oder Familie zum Umarmen. Macht es einen
Unterschied, wenn mich ein Fremder drückt?

«Die beruhigenden Aspekte einer kurzen Umarmung sind schneller und
stärker bei einer vertrauten Person», erklärt Grunwald. Die Berühru
ng
eines nahe stehenden sympathischen Menschen tue besonders gut, da sie
mit Vertrauen einhergehe, sagt Repschläger. Selbst das Schmusen mit
dem Haustier habe hinsichtlich der «Glückshormone» einen Effekt.

Aber auch bei Umarmungen durch fremde Personen kann sich ein
Glücksgefühl einstellen. Der Leipziger Haptikforscher lobt deshalb
Initiativen wie die «Free Hugs»-Bewegung, bei der Fremde auf offener
Straße Gratis-Umarmungen anbieten: «Da kommt doch niemand mit
verzerrten Gesichtszügen raus. Die Menschen strahlen und sind
glücklich.»

Es kommt aber immer auf die Art der Berührung an: Körperliche
Berührungen in einer überfüllten Bahn zum Beispiel lösten bei viele
n
Menschen eher Unbehagen aus, erklärt Repschläger. Auch bei einer
Pflegekraft etwa muss erst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden,
damit der Kontakt wirklich guttun kann.

Umarmen wir uns zu selten?

Pauschal kann man diese Frage nicht beantworten. Wie viel körperliche
Nähe jemand braucht, kann stark variieren. Manche wollen für sich
einfach keine oder nur wenig Nähe zulassen. Repschläger rät generell

dazu, häufiger aufeinander zuzugehen: «Körperliche Berührungen sind

für jeden Menschen von großer Bedeutung, unabhängig vom Alter».