Mysteriöse Hundekrankheit in Norwegen: Mehr als 25 Tiere gestorben Von Sigrid Harms, dpa

Unter Hundehaltern in Norwegen geht die Angst um. Bei den Vierbeinern
grassiert eine mysteriöse Krankheit, die tödlich enden kann.
Tiermediziner forschen mit Hochdruck. So lange gilt: Hund an die
Leine!

Oslo (dpa) - Es war früh am Freitagmorgen, als Tiril Aasheim im
norwegischen Kløfta merkte, dass etwas mit ihrer Hündin Bolla nicht
stimmte. Der sonst so quirlige Zwergspitz war schlapp und hatte in
der Nacht Durchfall gehabt. «Sie wollte nicht rausgehen und als ich
sie hochhob, erbrach sie sich und das Blut rannte förmlich aus ihrem
Hintern», erzählt Aasheim. Über Nacht war das zweieinhalb Jahre alte

Tier so krank geworden, dass sein Leben auf der Kippe stand.

So geht es zurzeit in Norwegen geschätzt mehr als 100 Hunden. Ganz
plötzlich geht es ihnen schlecht, sie müssen sich erbrechen und
bekommen blutigen Durchfall. Mehr als 25 Hunde sind nach Angaben von
Dienstag schon an den Folgen dieser mysteriösen Krankheit gestorben.

So lange unklar ist, warum die Hunde krank werden, sind ihre Besitzer
aufgefordert zu vermeiden, dass ihr Vierbeiner mit anderen Hunden in
Kontakt kommt. Zahlreiche Veranstaltungen mit Hunden wurden abgesagt.
Die beliebten öffentlichen Hundeplätze in Oslo, wo die Tiere frei
herumlaufen können, sind verwaist. Wer sein Tier Gassi führt, hält es

an der kurzen Leine. Viele Halter haben Angst.

Für die Veterinäre ist die Infektion ein Rätsel. Sie wissen nicht,
wodurch sie ausgelöst wird und ob sie ansteckend ist. Nur, dass es
ganz schnell geht. Innerhalb von 24 Stunden kann ein gesundes Tier
plötzlich tot sein. Doch nicht alle sterben daran. Die meisten, so
versichert Asle Haukaas vom Veterinärinstitut in Oslo, könnten bei
rechtzeitiger Behandlung wieder auf den Damm kommen.

So auch Bolla. Ihr Frauchen brachte sie noch am selben Tag in die
Tierklinik, wo man schon eine abgetrennte Abteilung für die Hunde mit
diesen Symptomen eingerichtet hatte. Sie bekam sechs verschiedene
Medikamente und musste über Nacht isoliert im Keller bleiben. Doch am
nächsten Tag konnte Bolla wieder mit nach Hause. «Der Arzt sagte,
wären wir nur ein paar Stunden später gekommen, wäre sie tot
gewesen», berichtet die ältere Dame. Nun hat sie Angst, dass ihr
zweiter Hund, der wesentlich gebrechlicher ist, auch die mysteriöse
Krankheit bekommen könnte. 

Das Veterinärinstitut und die Lebensmittelaufsicht in Norwegen
arbeiten nun mit Hochdruck daran, dem Erreger der Krankheit auf die
Spur zu kommen. Das könnten Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten und
Algen sein - oder die Folgen von Regen, Temperatur oder schlechter
Wasserqualität. Auch frühere Fälle im In- und Ausland würden
untersucht. Erste Obduktionen weisen darauf hin, dass alle Hunde eine
kräftige, blutige Darmentzündung hatten. Zwei Bakterien wurden
bislang nachgewiesen: Providencia alcalifaciens und Clostridium
perfringens.

«Bakterienerkrankungen spielen bei Hunden normalerweise nicht so die
große Rolle», meint die deutsche Tierärztin Johanna Rieder von der
Tierärztlichen Hochschule in Hannover. Zwar seien
Durchfallerkrankungen bei diesen Tieren relativ häufig. Doch dass so
viele Hunde in einer Region so schnell stürben, sei nicht normal. So
lange sie die Ursache nicht kenne, könne sie deutschen Hundebesitzern
aber keinen konkreten Rat geben, außer vorsichtig zu sein, wenn sie
nach Norwegen reisen sollten.   

Da es in dem skandinavischen Land kein zentrales Gesundheitsregister
für Erkrankungen bei Hunden gibt, hat das Veterinärinstitut nun ein
Schema an alle Tierärzte und -kliniken geschickt. Die Mediziner sind
aufgefordert, alle Fälle von blutiger Diarrhö, Erbrechen und
schlechtem Allgemeinzustand bei Hunden seit dem 1. August zu melden.
«Die Formulare enthalten hoffentlich viele wertvolle Informationen,
die helfen, die Ursache der Krankheit zu ermitteln», heißt es auf der
Webseite des Veterinärinstituts. In Norwegen gibt es dem Norsk Kennel
Klub zufolge rund 560 000 Hunde. 

Sicher ist bislang nur, dass die Tiere nicht vergiftet wurden. Auch
eine Infektion mit Salmonellen oder Campylobacter kann ausgeschlossen
werden. 

Tiril Aasheim lässt ihre Hunde nun nicht mehr aus den Augen. «Ich
trage sie jetzt an den Waldrand, wo keine anderen Hunde sind», sagt
sie. Sie will möglichst vermeiden, auf andere Hundebesitzer zu
stoßen. «Ich habe das Gefühl, dass mich jetzt alle komisch angucken.
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