BGH: Klinik haftet bei Arztfehler für seelisches Leid von Angehörigen

Karlsruhe (dpa) - Menschen, die wegen des kritischen
Gesundheitszustands eines nahen Angehörigen nach einem
Behandlungsfehler psychisch erkranken, können Anspruch auf
Schadenersatz haben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe
in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschieden. Es gebe
keinen Grund, warum nach einem Arztfehler andere Regeln gelten
sollten als nach einem Unfall. (Az. VI ZR 299/17)

Eine Frau hatte ein Kölner Krankenhaus verklagt, nachdem bei ihrem
Ehemann Komplikationen nach einer Darmspiegelung aufgetreten waren.
Ihr Mann habe mehrere Wochen in akuter Lebensgefahr geschwebt. Sie
habe deshalb Depressionen und Angstzustände bekommen. Zwei Gutachten
hatten in dem Fall Behandlungsfehler festgestellt. Der Ehemann hatte
deshalb vom Versicherer der Klinik 90 000 Euro erhalten.

Zuletzt hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln die Klage der Frau
abgewiesen. Der Arztfehler habe den Gesundheitszustand des Mannes nur
noch verschlechtert. Das mitzuerleben, sei allgemeines Lebensrisiko.

Das lassen die obersten Zivilrichter des BGH so nicht stehen.
Psychische Leiden seien zwar nur dann eine Gesundheitsverletzung,
wenn sie «über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen,
denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen
Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind». In diesem Fall hätten die

Beschwerden der Klägerin ein außergewöhnliches Ausmaß gehabt.

Das OLG muss den Fall nun neu verhandeln und prüfen, ob der Zustand
des Ehemanns tatsächlich die Ursache der psychischen Erkrankung war.