Tote Kinder in brennenden Betten - Vater wegen Mordes verurteilt Von Oliver Pietschmann und Marc Wickel, dpa

Zwei getötete Kinder liegen in ihren Zimmern - vom eigenen Vater
ermordet. Nach einem Leben im Luxus konnte er sich wegen einer
Insolvenz keine Zukunft mehr für sich und seine Familie vorstellen.
Seine Frau auch nicht.

Darmstadt (dpa) - Ein Mediziner tötet seine Kinder. 25 Hammerschläge,
dann Stiche mit dem Messer. Zuerst stirbt der 13 Jahre alte Sohn im
Elternhaus. Ein Zimmer weiter wird dann die drei Jahre jüngere
Tochter auf dieselbe Weise ermordet. Am Mittwoch verurteilt das
Landgericht Darmstadt den 59-jährigen Vater zu lebenslanger Haft.
Angesicht der fassungslos grausamen Tat wird bei ihm auch die
besondere Schwere der Schuld festgestellt. Seine Ehefrau, die Mutter
der Kinder, muss wegen Beihilfe an beiden Morden für zwölf Jahre ins
Gefängnis.

Motiv und Auslöser war die am Tattag bevorstehende Räumung des
zwangsversteigerten Hauses. Das Ende einer Kette in einem
Insolvenzverfahren des Zahnärzte-Paares, das zuvor in Wohlstand
gelebt hatte.

Es seien brave, sportliche Kinder gewesen, jetzt seien sie tot, sagt
der Vorsitzende Richter Volker Wagner. «Getötet durch die Hände ihres

Vaters, eines Arztes.» Es sei ein Gefühl der Ausweglosigkeit gewesen.
«Es war der Wille, die Kinder zu töten», so Wagner. Der 59-Jährige

habe dies bei vollem Bewusstsein getan. Die beiden Angeklagten, in
Handschellen in den Saal geführt, nehmen das Urteil stoisch mit
gesenktem Kopf entgegen.

Rückblick: Den Feuerwehrleuten bietet sich ein Bild des Grauens, als
sie am Morgen des 31. August 2018 zu einem Einsatz in Mörlenbach im
idyllischen Odenwald gerufen werden. In ihren Kinderzimmern liegen
das tote Mädchen und der tote Junge in ihren brennenden Betten. Die
Eltern, beide Deutsche und beide Zahnärzte, versuchen sich in der
verschlossenen Garage in einem Auto mit laufendem Motor das Leben zu
nehmen. Zuvor haben sie Schlaftabletten genommen. Schnell richtet
sich der Verdacht, die Kinder getötet zu haben, gegen die beiden.

Der Mediziner, ein Mann mit wuchtiger Statur, räumt in dem Prozess
das Gewaltverbrechen ein. Sie, eine schmächtige, stets in schwarz
gekleidete Frau, schiebt die Verantwortung auf ihren Mann. Ihre
Verteidigung will Revision einlegen. Richter Wagner aber sieht beide
in der Schuld. Er schlug zu, sie duldete wissentlich das Verbrechen.

Der 59-Jährige wird von einem Gutachter als Egomane ohne viel soziale
Reflexion beschrieben. Sein Leben war demnach von Besitztümern und
Statusgehabe geprägt. In einer ersten Vernehmung soll er darauf
bestanden haben, mit «Dr. Dr.» angesprochen zu werden. Das Haus, ein
Motorboot, geleaste Sportwagen, 2800 Paar Damenschuhe - selbst in
seinen Aussagen vor Gericht waren die Besitztümer und das seiner
Meinung nach ungerechte Insolvenzverfahren immer zuerst Thema, bevor
er über die Kinder sprach.

In der Tatnacht gewann dann offensichtlich die Angst vor dem sozialen
Abstieg die Oberhand vor allen anderen Gefühlen. Während die
47-Jährige vor Gericht zu Protokoll gab, sie habe ihren Kindern ein
positives Lebensgefühl jenseits materieller Werte vermitteln wollen,
konnte er diesen Gedanken wohl nicht ertragen. Nach Aussagen eines
Gutachters gab der Familienvater an, dass sich in der Nacht vor
seinem inneren Auge immer und immer wieder ein Film abspulte: Er sah,
wie die Kinder vor den Augen des grinsenden Insolvenzverwalters mit
einem Köfferchen das Haus verlassen müssen.

«Intelligenz steht archaischem Verhalten nicht entgegen», urteilt
Richter Wagner. Die Erfahrung zeige: Wenn die Situation passe, könne
jeder Mensch aus noch so nichtigem Grund einen anderen Menschen
umbringen. Typisch für einen Narzissten habe der Angeklagte sein
Verhalten auf seine Frau projiziert. Und sie sei stets folgsam bis
zum Schluss gewesen, sie habe mitgemacht, weil sie nicht mehr gewusst
habe, wie sie aus der Situation herauskommen sollte. «Dafür konnten
ihre Kinder nichts, gar nichts», sagt Wagner.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite