Keine Apotheken-Geschenke mehr? - BGH verkündet Entscheidung

«2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti»: Wegen Gratis-Gutscheinen für den
nahen Bäcker haben Wettbewerbshüter eine Apotheke verklagt. Größere

Werbegeschenke sind an Kunden mit Arztrezept schon länger tabu.
Stehen jetzt sogar Taschentücher und Traubenzucker auf dem Spiel?

Karlsruhe (dpa) - In der Apotheke bekommen Kunden oft eine kleine
Aufmerksamkeit dazu - aber damit könnte nun Schluss sein, zumindest
in bestimmten Fällen. Nach Klagen der Wettbewerbszentrale hat der
Bundesgerichtshof (BGH) geklärt, ob die Mini-Geschenke und Gutscheine
überhaupt noch erlaubt sind. Die Entscheidung verkünden die
Karlsruher Richter am Donnerstag. (Az. I ZR 206/17 u.a.)

Hintergrund ist, dass rezeptpflichtige Arzneimittel in Deutschland
überall gleich viel kosten müssen. Schnäppchen-Angebote sind also
tabu. Diese Preisbindung dürfen die Apotheker auch nicht indirekt mit
Kundengeschenken oder Rabattaktionen unterlaufen.

Der BGH war bisher der Ansicht, dass Kleinigkeiten, die höchstens
einen Euro kosten, trotzdem zulässig sind. In Reaktion auf diese
Urteile hat der Gesetzgeber die Vorschrift aber vor einigen Jahren
verschärft. «Der Verbraucher soll in keinem Fall durch die Aussicht
auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden», hieß es
zur Begründung. Was das im Einzelnen für die Apotheker und ihre
Kunden bedeutet, wird jetzt erstmals höchstrichterlich entschieden.

Ausdrücklich nennt das Gesetz nur wenige Ausnahmen. So dürfen
kostenlose Zeitschriften wie die «Apotheken Umschau» weiter ausgelegt
werden. Für Kunden, die kein Rezept vom Arzt einlösen, sondern auf
eigene Kosten einkaufen, gelten die Beschränkungen ohnehin nicht.

Vor dem BGH geht es jetzt um einen Berliner Apotheker, der auch
Kunden mit Rezept einen Ein-Euro-Gutschein für den nächsten Einkauf
mitgegeben hatte. In einem zweiten Fall hatte eine Apothekerin in
Darmstadt Brötchen-Gutscheine für die nahe Bäckerei verschenkt - fü
r
«2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti». Gegenwert ungefähr: 30 Cent.

Wegen der verschärften Vorschrift hatten die Gerichte der
Vorinstanzen den Brötchen-Gutschein untersagt. Und dabei bleibt es
möglicherweise: Alles andere würde den Absichten des Gesetzgebers
wohl zuwiderlaufen, hatte der Vorsitzende Richter Thomas Koch in der
BGH-Verhandlung im März gesagt. Es stelle sich sogar die Frage, ob
traditionelle Beigaben wie das Päckchen Taschentücher oder der
Traubenzucker überhaupt noch erlaubt seien, sagte er damals.

Sollte der Senat bei dieser Einschätzung geblieben sein, dürfte auch
der Berliner Apotheker seine Ein-Euro-Gutscheine nicht mehr
verteilen. Er hatte vor Gericht zuletzt Recht bekommen.

Die deutsche Arzneimittel-Preisbindung sorgt unabhängig davon für
Diskussionen, seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2016
entschieden hat, dass sie gegen EU-Recht verstößt. Seither müssen
ausländische Versandhandels-Apotheken darauf keine Rücksicht mehr
nehmen. Für die Karlsruher Fälle spielt das nicht direkt eine Rolle,
weil es um deutsche Filialapotheken geht. Die BGH-Richter haben auch
schon in einem anderen Urteil Ende 2018 festgestellt, dass die
Preisvorschriften im Moment «weder aus unionsrechtlichen noch aus
verfassungsrechtlichen Gründen unanwendbar oder unwirksam» sind.