Klaus Reinhardt ist neuer Präsident der Bundesärztekammer

Der neue Präsident der Bundesärztekammer kommt aus Bielefeld. Klaus
Reinhardt lieferte sich bei der Wahl in Münster ein
Kopf-an-Kopf-Rennen mit einer Kandidatin aus Niedersachsen. Am Ende
hatte er drei Stimmen Vorsprung.

Münster (dpa) - Neuer Präsident der Bundesärztekammer ist Klaus
Reinhardt. Der 59-Jährige aus Bielefeld folgt auf Frank Ulrich
Montgomery, der acht Jahre lang an der Spitze der obersten
Ärzte-Vertretung auf Bundesebene stand. Der Vorsitzende des
Hartmannbundes und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe
setzte sich am Donnerstag im dritten Wahlgang beim 122. Deutschen
Ärztetag mit 124 zu 121 Stimmen gegen Martina Wenker aus
Niedersachsen durch. Die Amtszeit des Allgemeinmediziners mit Praxis
in Bielefeld beträgt vier Jahre. Montgomery, der am Freitag seinen
67. Geburtstag feierte, hatte sich für eine weitere Amtszeit nicht
mehr zur Verfügung gestellt.

Die Bundesärztekammer ist die Spitzenorganisation der ärztlichen
Selbstverwaltung. Sie vertritt die Interessen von knapp 500 000
Medizinern in Deutschland.

Der neue Ärztepräsident ist seit 2005 Vizepräsident der Ärztekammer

Westfalen-Lippe und seit 2011 Vorsitzender des Hartmannbundes. Seit
2015 ist der vierfache Vater im Vorstand der Bundesärztekammer. Der
neue Präsident wurde 1960 in Bonn in eine Medizinerfamilie geboren.
Ende 1993 übernahm der die Praxis der Eltern in Bielefeld und führt
diese heute zusammen mit einem Partner. Nach eigenen Angaben
behandelte er vor seiner Wahl noch zwei bis drei Mal in der Woche
Patienten. «Das wird so nicht mehr möglich sein», sagte Reinhardt.

Vor der Wahl hatte Reinhardt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
kritisiert. Er warf dem CDU-Politiker überhastete Gesetzesvorhaben
vor. «Wir brauchen mehr Zeit für ärztliches Handeln. Ärztliche
Zuwendung und Empathie sind die Basis für das Vertrauen der Patienten
in uns. Die Sicherstellung der dafür notwendigen Freiräume muss
wieder Maßstab des gesetzgeberischen, aber auch des
selbstverwaltenden Handelns werden», sagte Reinhardt in seiner
Vorstellungsrede.

Auf die Treffen mit Spahn freue er sich nun, sagte Reinhardt der
Deutschen Presse-Agentur nach der Wahl. «Er ist ja dafür, dass man
sich auseinandersetzt. Er will Debatten führen, dann wird er es auch
aushalten, dass wir ihn für bestimmte Dinge kritisieren.»

Der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte
Deutschlands, Dirk Heinrich, sagte: «Erstmals seit 41 Jahren steht
mit Klaus Reinhardt ein niedergelassener Arzt und zudem ein Hausarzt
an der Spitze der deutschen Ärzteschaft. Dies ist ein historischer
Moment und eine große Chance für einen Neuanfang der
Bundesärztekammer.»

Die Delegierten wählten Heidrun Gitter (58) zu einer von zwei
Vize-Präsidentinnen. Die Kinderchirurgin ist leitende Oberärztin in
Bremen. Das Team komplett macht Ellen Lundershausen. Die 68-jährige
Hals-Nasen-Ohren-Fachärztin aus Erfurt ist Präsidentin der
Landesärztekammer Thüringen.

Zum Abschluss des Treffens am Freitag forderte der Ärztetag die
Rückverlegung der Antibiotikaproduktion nach Europa. «Kommt es zu
einem hygienischen oder technischen Problem, steht die
Versorgungssicherheit auf dem Spiel», hieß es. In Europa sei eine
hochwertige Produktion unter Einhaltung aller notwendigen Qualitäts-
und Umweltaspekte möglich.

Außerdem sprachen sich die 250 Delegierten für die von der
Bundesregierung ab März 2020 geplante Impfpflicht gegen Masern aus.
Auch sollten die gesetzlichen Krankenkassen künftig generell die
Kosten für einen vorgeburtlichen Bluttest auf das Down-Syndrom
übernehmen. Die finanzielle Situation der Eltern dürfe bei der
Entscheidung, ein behindertes Kind zu bekommen und zu pflegen, nicht
entscheidend sein. Der Zugang zu den Tests müsse aber mit
entsprechender Beratung begleitet werden.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, mit
denen unter anderem untersucht wird, ob das Kind mit einem
Down-Syndrom auf die Welt käme. Lange hatte sich das zuvor nur mit
einer Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen. Bisher müssen die
rund 130 Euro teuren Bluttests meist selbst gezahlt werden.

Hintergrund der Debatte ist ein laufendes Verfahren beim Gemeinsamen
Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Kliniken, der final über neue
Kassenleistungen entscheidet.