Lärmanalyse: So nerven Geräusche weniger Von Christiane Oelrich, dpa
Rattern, kreischen, quietschen: Lärm nervt. Aber dabei geht es nicht
nur um die Lautstärke. Eine neue Lärmsimulation soll helfen, die
nervigsten Bestandteile aus dem Verkehrslärm herauszufiltern.
Zürich (dpa) - Was ist das nervigste Geräusch der Welt? Bei vielen,
die noch echte Tafeln aus der Schule kennen, ist es das Geräusch
eines Fingernagels, der über die Tafel kratzt. Der Zahnarztbohrer ist
auch oft ganz oben auf der Schreckensliste, oder das Geräusch einer
Mücke dicht am Ohr. Wie nervig Menschen solche Geräusche finden, das
zeigen diese Beispiele, hat nichts mit der Lautstärke zu tun.
Bestimmte Frequenzen lösen im Gehirn unterschiedliche Reaktionen aus.
Auch eine Geräuschkulisse ist längst nicht ein Gesamtrauschen, das
nur je nach Schalldruckpegel, gemessen in Dezibel, mehr oder weniger
störend wirkt. «Man weiß heute, dass sich die akustische Umwelt
verbessern lässt, manchmal sogar, wenn der Geräuschpegel steigt»,
sagt der Akustiker Kurt Heutschi von der Schweizerischen
Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) bei Zürich im Vorfeld
des Tags gegen Lärm am 24. April. Forscher hätten schon gezeigt, das
positive Geräusche wie etwa ein sprudelnder Springbrunnen negative
wie vorbeirauschende Autos maskieren können.
Man weiß auch, dass nicht alle Bestandteile eines Geräusches gleich
nervig sind. Es hängt etwa von den Frequenzen ab. Auch ein Geräusch
im Rhythmus eines schnellen Herzschlags, wie es Windturbinen mitunter
machen können, wenn auch relativ leise, empfinden viele Menschen als
unangenehm. Komplex ist ein vorbeirauschender Zug. «Das Geräusch
setzt sich aus über 100 verschiedene Quellen zusammen», sagt
Heutschi. «Mehrere Punkte auf den Achsen, an den Schienen, an den
Rädern, die Lüftung - alles verursacht Geräusche.» Dazu kommen äu
ßere
Einflüsse: die Geschwindigkeit, die Temperatur, der Boden, die
Distanz des Zuhörers.
Mit seinen Kollegen hat Heutschi im Rahmen eines
EU-Forschungsprojekts eine Computersimulation entworfen, die alle
diese Komponenten künstlich herstellen und in beliebiger
Zusammensetzung wiedergeben kann. Eine Grafik-Animationssoftware
liefert dazu eine passende Videosequenz. Heuschi demonstriert den
Lärm-Synthesizer im Tonstudio: Auf der Leinwand rast ein Zug vorbei,
aus den Lautsprechern rauscht, pfeift und schlägt es täuschend echt.
Das Schicke: Heutschi kann nun mit der Maschine zum Beispiel das
schlagende Geräusch, das eine einzelne abgeflachte Stelle an einem
Rad auf den Schienen verursacht, aus dem Klangerlebnis herausfiltern.
Er kann den Lärm einer glatten durch eine raue Schiene ersetzen, den
Zug klangtechnisch schneller fahren lassen, bei Güterwagen
unterschiedliche Bremssysteme hörbar machen oder den Effekt von
Lärmschutzwänden dazukomponieren.
Wie Heutschi im Tonstudio können Testpersonen verschiedene
Geräuschkompositionen nach Lästigkeit bewerten. Damit können die
Deutsche Bahn und andere Unternehmen testen, ob das regelmäßige
Glattschleifen der Schienen womöglich mehr Anwohner glücklich macht
als neue Lärmschutzwände, oder was die Reparatur von Flachstellen an
Rädern für die Zufriedenheit der Anwohner an Schienenanlagen bringen
kann.
«Dezibel ist das, was man messen kann, aber mit dieser Simulation
kommen wir näher an die Wahrnehmung heran: Welche Lärmkomponenten
stören den Menschen am meisten?», erklärt Heutschi. Ähnliche
Simulationen sind auch für Fluglärm und Verkehrslärm in Arbeit. Die
Entwicklung ist aufwendig und beschäftigt mehrere Forscher über
Monate. Dazu müssen Modelle entwickelt werden, die realitätsnah
beschreiben, wie die spezifischen Geräusche entstehen, um sie dann
nachbilden zu können.
Gegen das nervtötende Fingernagelkratzen kann der Sound-Synthesizer
allerdings nichts tun, und wer den Zahnarztbohrer nicht erträgt:
immer schön Zähneputzen.
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