Bund könnte im Mai Regeln zu Masern-Impfpflicht für Kinder vorlegen Von Ruppert Mayr, dpa

Noch sind sich die Länder nicht einig, ob sie für oder gegen eine
Masern-Impfpflicht sind. Einige wollen die Vorgaben des Bundes
abwarten. Die rechtlichen Hürden sind nicht unerheblich.

Berlin (dpa) - Die Pläne für eine Masern-Impfpflicht in Deutschland
werden konkreter. Anfang Mai wird dazu ein Vorschlag des zuständigen
Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) erwartet. Spahn hat sich
für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder in Kitas und Schulen
ausgesprochen. Auch die SPD plädiert dafür. Der CSU-Vorsitzende
Markus Söder ist jedoch skeptisch. Unter den Ländern gibt es derzeit
auch keine einheitliche Position. Einige wollen den Vorschlag des
Bundes abwarten. Dies würde jedenfalls eine bundeseinheitliche Lösung
erleichtern.

Neben dem Brandenburger Landtag zeigte sich Nordrhein-Westfalens
Landesregierung entschlossen, eine Impfpflicht einzuführen. Derzeit
prüft das Land aber noch. Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte
der «Rheinischen Post»: «Ich bin für eine generelle Impfpflicht - d
as
gilt auch für Kindergärten.» Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef

Laumann (CDU) ist dafür.

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles unterstützt Spahns Vorhaben. «Ich
finde es richtig, bei sehr ansteckenden Krankheiten wie Masern eine
Impfpflicht einzuführen», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung»
(Montag). Es gehe dabei nicht nur um die Gesundheit der Kinder,
sondern auch um den Schutz älterer Menschen mit geschwächtem
Immunsystem vor Ansteckung. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey
(SPD) bekräftigte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(Samstag): «Staatliches Handeln ist gefragt, wenn das Risiko, andere
Kinder in Kindergärten, Schulen oder in anderen Einrichtungen zu
gefährden, nicht anders in den Griff zu bekommen ist.»

CSU-Chef Söder dagegen wirbt zwar für freiwillige Impfungen, sieht
eine Impfpflicht aber skeptisch. Dazu gebe es derzeit noch keine
Veranlassung, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag in
München. Die Impfquote sei noch ausreichend, so dass über solche
Maßnahmen noch nicht nachgedacht werden müsse.

Masern sind hochansteckend und können in seltenen Fällen auch tödlich

verlaufen. Dennoch dürfte ein Zwang zur Masern-Impfung nicht leicht
durchzusetzen sein. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages
hatte schon vor zwei Jahren auf verfassungsrechtliche Probleme
hingewiesen. Die Experten schlossen aber die Möglichkeit, eine
Impfpflicht für bestimmte Krankheiten durchzusetzen, nicht generell
aus.

Für Kita-Kinder könnte das noch einigermaßen funktionieren, bei
Schul-Kindern ist das möglicherweise schwieriger. Und jenseits der
rechtlichen Problematik kommt noch hinzu, dass die Impfung in
mehreren Schritten erfolgt und erst danach wirksam wird. Entschieden
werden muss also auch über den Impfstoff und darüber, ob es Dreifach-
oder Vierfach-Impfungen gibt.

Brandenburg war am Donnerstag vorgeprescht. Der Landtag forderte die
rot-rote Landesregierung mit breiter Mehrheit auf, die
Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass bis zu einer
bundesrechtlichen Lösung eine Impfung als verpflichtende
Voraussetzung für den Besuch von Kitas und Tagespflege gilt. Zugleich
soll die Landesregierung eine Bundesratsinitiative einbringen.
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) plädierte am
Sonntag dafür, dass seine Landesregierung die Initiative unterstützt.

Eine Impfpflicht für Kita-Kinder ginge weiter als das, was die
Bundesregierung bereits in der vergangenen Legislaturperiode an
schärferen Regeln beschlossen hatte. Seitdem müssen Eltern, die ihre
Kinder in Kitas schicken wollen, unter anderem eine verpflichtende
Impfberatung nachweisen können. Auch in diesem Fall lief es so, dass
der Bund die bundeseinheitlichen Rahmenbedingungen dafür vorgab, die
die Länder dann umsetzen sollten.

Nach einem Masern-Ausbruch in Schleswig-Holstein forderte die
oppositionelle Hamburger CDU eine Impfung aller städtischen
Mitarbeiter, die mit Kindern arbeiten. Außerdem solle der Besuch
einer Kita für Kinder nur noch mit «einwandfrei nachgewiesenem
Impfstatus» möglich sein, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin
Birgit Stöver der dpa. Laut Hamburger Senat liegt die Impfquote bei
93,5 Prozent. Das «reicht schon heute nicht, um Ansteckungen
vollständig zu verhindern, geschweige denn die Masern vollständig
auszurotten», sagte Stöver.

Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) argumentierte:
«Prinzipiell habe ich nichts gegen eine Impfpflicht, aber wir warten
jetzt den Gesetzentwurf auf Bundesebene dazu ab.» Wenn die
Impfpflicht bundesweit komme, setze Berlin sie um. In Niedersachsen
will Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) erst dann über eine
Impfpflicht diskutieren, wenn es langfristig zu einer
Verschlechterung der Situation kommt. Hessens Gesundheitsminister Kai
Klose (Grüne) will mit einer besseren Aufklärung für höhere
Impfquoten sorgen. «Aus unserer Sicht ist eine Impfpflicht im Moment
nicht verhältnismäßig und auch nicht notwendig», sagte er der dpa.