Entwurf: Apotheken sollen in Modellprojekten impfen können

Zum Impfen geht man zum Arzt - oder? Nun nehmen Überlegungen der
Politik Gestalt an, dass die Grippeimpfung auch in Apotheken
vorstellbar wäre.

Berlin (dpa) - Schutzimpfungen gegen Grippe sollen nach Plänen von
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) künftig in begrenztem
Umfang auch in Apotheken möglich sein. Krankenkassen sollen dafür mit
Apothekern regionale Modellprojekte für bis zu fünf Jahre vereinbaren
können. Das sieht ein Entwurf des Ministeriums vor, der der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. Impfpersonal in Apotheken soll von Ärzten
geschult werden müssen, es müssen auch geeignete Räume und die nöti
ge
Ausstattung vorhanden sein. Daneben sieht der Entwurf Erleichterungen
für chronisch Kranke und Medikamenten-Lieferungen per Boten vor.

Spahn hatte schon vor einiger Zeit zusätzliche Aufgaben für Apotheken
ins Gespräch gebracht, die auch eine flächendeckende Präsenz vor Ort

absichern sollen. Angesichts voller Praxis-Wartezimmer seien dafür
auch Impfungen vorstellbar, sagte er beim Apothekertag im Herbst.
Erklärtes Ziel ist nun, die Impfquote in der Bevölkerung zu erhöhen.

Die ärztliche Schulung für Impfungen soll dabei auch Kenntnisse dazu
vermitteln, wie mit eventuellen Impfreaktionen umzugehen ist. Die
Modellvorhaben sollen wissenschaftlich ausgewertet werden.

Vom Deutschen Hausärzteverband kam Kritik. Es stehe außer Frage, dass
Apotheker wichtige Kompetenzen hätten, sagte der Vorsitzende Ulrich
Weigeldt. «Das Impfen von Patientinnen und Patienten zählt allerdings
nicht dazu und gehört eindeutig in die ärztliche Praxis.» Zwar seien

Grippeimpfungen in der Regel gut verträglich, Nebenwirkungen etwa mit
allergischen Reaktionen seien aber nie ganz auszuschließen. Impfungen
sollten daher immer dort stattfinden, wo notfalls auch eine ärztliche
Behandlung möglich sei. Verzögerungen bei Grippeimpfungen seien auch
nicht auf Wartezeiten in Praxen zurückzuführen, sondern auf regionale
Versorgungsengpässe bei Impfstoffen, erläuterte Weigeldt.

Der Referentenentwurf des Ministeriums sieht daneben weitere
Neuregelungen vor, um die Präsenz von Apotheken vor Ort zu stärken
und Angebote für die Kunden auszubauen. So sollen Kassenpatienten mit
schweren chronischen Erkrankungen künftig vom Arzt Verschreibungen
bekommen können, mit denen sie ein Medikament bis zu dreimal in der
Apotheke abholen können - bis zu ein Jahr lang nach Ausstellen des
Rezepts. Dies soll auch die Ärzte entlasten.

Vorgesehen ist zudem, Apotheken den Ausbau von Liefer-Angeboten mit
Boten zu erleichtern. Sie sollen nicht nur im Einzelfall, sondern
regelmäßig möglich sein. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten soll
pharmazeutisches Personal die Zustellung übernehmen müssen, wenn
zunächst keine Verschreibung in der Apotheke vorliegt. Patienten
müssen die Verschreibung dann spätestens vorlegen, wenn sie das
Medikament bekommen, dabei sollen sie auch beraten werden. Eine
Beratung soll zudem auch «im Wege der Telekommunikation aus der
Apotheke» möglich sein. Automaten, in denen man Medikamente direkt
kaufen kann, sollen außerhalb von Apotheken verboten werden.

Vorgesehen sind in dem Entwurf außerdem zusätzliche Vergütungen der
gesetzlichen und privaten Krankenkassen für Apotheken von rund
200 Millionen Euro im Jahr. Dazu gehören unter anderem 40 Millionen
Euro mehr für Notdienste und Nachtdienste. Die Bundesvereinigung
Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßte den Entwurf, da die
Richtung stimme. Das Gesetz biete die Chance, die Versorgung wirklich
zu verbessern. Bei der Ausgestaltung zusätzlicher pharmazeutischer
Dienstleistungen seien aber noch eine Reihe von Fragen offen.