Spahn begrüßt Debatte über Bluttests vor der Geburt

Es ist eine sensible Frage, über die der Bundestag grundsätzlich
diskutieren will: Wie weit soll man mit Gen-Untersuchungen zur
Gesundheit ungeborener Kinder gehen? Erste Positionen werden klar.

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat eine
grundlegende ethische Debatte über Bluttests für Schwangere etwa auf
ein Down-Syndrom des Kindes begrüßt. «Die Frage, welche Entscheidung

aus einem solchen Ergebnis kommt, die können wir als Gesellschaft mit
beeinflussen», sagte er am Montag in einem «Bild»-Interview. «Das
wünsche ich mir, dass wir sagen: Es ist völlig ok, wie ihr Euch
entscheidet, wir helfen bei jeder Entscheidung.» Vor einer für diesen
Donnerstag geplanten Bundestagsdebatte sprach sich die CDU-Spitze für
intensive Begleitung und Aufklärung mit Blick auf die Tests aus.

Zur Frage, ob Bluttests künftig von den Krankenkassen bezahlt werden
sollen, wurden bereits unterschiedliche Positionen deutlich. Spahn
zeigte sich offen dafür und verwies auf höhere Risiken bei ebenfalls
möglichen Fruchtwasseruntersuchungen, die bereits Kassenleistung
sind. «Allein schon um Risiko zu minimieren, kann man dann eben auch
sagen, müssen die Kassen es zahlen.» Dies entscheide aber nicht die
Politik, sondern der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten,
Krankenkassen und Kliniken. Hierzu läuft derzeit ein Verfahren.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die
unter anderem untersuchen, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt
kommen würde. Lange hatte sich dies zuvor während der Schwangerschaft
nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen. Bisher sind
die rund 130 Euro teuren Bluttests meist selbst zu zahlen.

Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte, er persönlich sei für
eine Kassenfinanzierung. Zugleich betonte er nach einer Diskussion
über das Thema im CDU-Präsidium, Beratung und Betreuung von Eltern,
die diesen Test machen, müssten «immer Ja sagen zu Leben». Jedes
Leben sei gleich viel Wert und besitze die gleiche Würde, «egal ob
mit Down-Syndrom oder mit einer anderen Beeinträchtigung». Kanzlerin
Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hätten in der
Sitzung nicht zu erkennen gegeben, zu welcher Option sie tendierten,
sagte Ziemiak. Die CDU wolle in ihrer Debatte über ein neues
Grundsatzprogramm darüber weiter offen diskutieren - eine
Parteivorgabe solle es nicht geben.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Armin
Laschet sagte: «Ich finde, die Kassen sollten das nicht finanzieren.
Das Signal, dass man im Vorfeld über die Wertigkeit von Leben
urteilt, halte ich für falsch.» Er sprach aber von einer «sehr
persönlichen Gewissensentscheidung», die jeder Bundestagsabgeordnete
fällen müsse. Es sei gut, diese Debatte nun öffentlich zu führen.


Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) begrüßten ebenfalls eine
gesellschaftliche Diskussion über die Bluttests. «Diese grundlegende
ethische Debatte gehört in den Deutschen Bundestag, dort muss
entschieden werden», sagte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris
Pfeiffer. Das Parlament will sich am Donnerstag in einer offenen
«Orientierungsdebatte» ohne Fraktionsvorgaben mit den Tests befassen.
Konkrete Anträge zur Sache könnten dann in nächsten Schritten
folgen.

Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete haben sich für eine Klärung
grundlegender ethischer Fragen stark gemacht. Sie verweisen auch auf
weitere Fortschritte von Gendiagnosen - deswegen sei in der
Gesellschaft zu klären, wie mit solchen Erkenntnissen umzugehen sei.
Menschen mit Down-Syndrom würden mit ihrer Sicht auf ihr Leben und
die Tests bisher zu wenig in die Diskussion einbezogen, hieß es in
einem Papier, das Parlamentarier von Union, SPD, Grünen, Linken und
FDP im Oktober vorgelegt hatten.

Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom
mehr als andere Menschen. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden,
daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Folgen sind körperliche
Auffälligkeiten und eine verlangsamte motorische, geistige und
sprachliche Entwicklung. Die Ausprägungen sind aber sehr
unterschiedlich.