Schöner Schwitzen auf Instagram - Fitnessbranche setzt auf Influencer Von Wolf von Dewitz, dpa

Es wummern die Bässe, es funkeln die Lichter: Ohrenbetäubend laut und
knallbunt geben sich die Aussteller auf der Fitnessmesse Fibo. An
den Ständen tummeln sich immer mehr Internetstars - auf sie setzt die
Fitnessbranche verstärkt, um Kunden zu gewinnen.

Köln (dpa) - Die Muskeln sind nicht zu übersehen. Am hellblauen Stand
eines Proteinshake-Herstellers spannt Sophia Thiel stolz ihren Bizeps
an - als große Wandfigur, denn die Influencerin mit 1,3
Millionen Instagram-Followern ist krank und nicht vor Ort. Beim
Nachbarstand auf der Kölner Fitnessmesse Fibo sind pinke
Konkurrenzprodukte zu sehen, dort tummeln sich einige Internetstars
leibhaftig.

Florian Buchholz alias «flow_bu», so sein Instagram-Kürzel, steht da

und zeigt im ärmellosen Shirt seine kräftigen Oberarme.
Buchholz, Thiel und all die anderen Influencer, die noch bis Sonntag
auf der Messe zu sehen sind, haben eins gemein: Sie sind vor allem
jungen Menschen bekannt - und werden fürs Marketing immer wichtiger.

In ihren Videoclips im Netz geben Influencer Tipps zur Ernährung oder
zum richtigen Training - es wird etwa erklärt, wie die Sporttasche am
besten gepackt wird und wie Frauen auch beim Schwitzen gut geschminkt
aussehen. Und vor allem: Die Influencer berichten begeistert vom
Sport und von Produkten, die sie bewerben, neben Fitness-Produkten
sind das auch Kosmetika, Rasierer oder Sportklamotten. Mit dieser
Werbung leisten sie ihren Beitrag für den Aufschwung in der
Fitnessbranche - wie groß der ist, ist aber umstritten.

Klar ist nur: Die Fitness-Branche boomt. 11,1 Millionen Menschen
in Deutschland sind Mitglied in einem Studio, Jahr für Jahr werden es

etwa eine halbe Million mehr. Der Jahresumsatz der Anlagen stieg 2018
um 2,5 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro, wie eine Branchenuntersuchung
ergab. Der Grund für den Anstieg, darin sind sich die Experten einig,

ist der Trend zu einem gesundheitsbewussteren Leben. Zudem sieht sich
die Branche wegen hoher Investitionen besser aufgestellt als früher.

Von der höheren Nachfrage profitieren nicht nur Betreiber wie McFit,
clever fit, Holmes Place, Fitness First und Just Fit. Auch Hersteller
von Ernährungsprodukten, die es in den Studios und im Einzelhandel zu
kaufen gibt, schwimmen auf dieser Erfolgswelle mit.

Ein junges Publikum rückt in den Fokus, also vor allem Teenager. Sie

sind internetaffin und orientieren sich auch an Influencern. Sind die
im Netz beim Schwitzen zu sehen, könnte das ein Impuls sein, das
heimische Sofa zu verlassen und zum Sport rauszugehen - ob in
den Park oder in ein Studio, so die Logik. Insgesamt bewege sich die
Branche deutlich in Richtung der jungen Zielgruppe, sagt Ingo Froböse
von der Sporthochschule Köln. «Training beziehungsweise Fitness ist
da ein Statussymbol, Instagram spielt da eine Riesenrolle.»

Joost van Treeck von der Hochschule Fresenius attestiert
den Influencern gegenüber ihren Anhängern eine höhere Glaubwürdig
keit
als klassische Werbefiguren, wenn sie auf Instagram oder Youtube
«eine Art Live-Soap» inszenierten. «Die Follower nehmen scheinbar am

Leben des Influencers teil wie am Leben eines Freundes.» Dadurch
seien sie aufnahmebereiter gegenüber den Werbebotschaften als sonst.

Wenn ein Influencer also von einem Produkt schwärmt, sei die
Wahrscheinlichkeit hoch, dass sein Follower diese Haltung übernehme -
täte er es nicht, käme es zu kognitiven Spannungen und zur mentalen
Distanz zum Influencer, erklärt der Wirtschaftspsychologe. So eine
Distanz wollten die Anhänger aber vermeiden. Influencer seien
inzwischen eine feste Größe im Marketing-Mix.

Belastbare Zahlen zu der Frage, wie stark der Fitnessboom von den
Netzbekanntheiten angetrieben ist, gibt es nicht. «Auch vor
Erscheinen der Influencer [...] sind die Mitgliederzahlen in
deutschen Fitness-Studios gestiegen», sagt Alexander Wulf vom
Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheit-Anlagen (DSSV).
Influencer hätten nur einen begrenzten Einfluss, aber: «Sie bestärk
en
den Wunsch, etwas für die eigene Gesundheit und das Aussehen zu tun.»

Fakt ist, dass Ketten eng mit den Internet-Bekanntheiten
zusammenarbeiten - mal fließt Geld, mal dürfen sie gratis die Anlage
nutzen und dort ihre Aufnahmen machen. Über den Internet-Kontakt mit
Influencern kann man Codes bekommen, wodurch eine Clubmitgliedschaft
billiger wird. Zahlen gäbe es also, um die direkte Wirkung der
Zusammenarbeit zu belegen. Doch die Angaben bleiben vage.

Man habe «einige» Neukunden auf diesem Weg gewonnen, sagt eine
Sprecherin der Kölner Studiokette Just Fit. Mit rund 20 Influencern
arbeitet die Firma zusammen. Auch Fitness First sieht die
Zusammenarbeit mit den Netzstars positiv: «Das Thema
Empfehlungsmarketing kann so auf eine ganz neue Art gelebt werden.»

Was damit gemeint ist, zeigt sich, als das Influencer-Schwesternpaar
Alina und Alexandra Schulte im Hoff bei der Fitnessmesse Fibo zum
Fotoshooting mit Fans lädt. Die Menge ist begeistert, die Schlange
für Handyfotos will kein Ende nehmen. Die 27-jährige Rebecca, die
alljährlich aus Hannover anreist, schwärmt: «Alina ist so
authentisch.»