Praxen in Sorge wegen versäumter Termine - Debatte über Ausfallgebühr

Wenn man einen Termin bekommt, geht man normalerweise hin - auch zum
Arzt. Aber manche lassen Termine dann sausen, was unter Medizinern
für Unmut sorgt. Sollte es dafür eine Strafgebühr geben?

Berlin (dpa) - Vielen Praxen macht es nach Angaben von Ärzten zu
schaffen, dass Patienten ohne abzusagen nicht zu ihren Terminen
kommen. Erste Einschätzungen zeigten, dass unentschuldigt nicht
wahrgenommene Termine «durchaus ein Problem» darstellten, sagte der
Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen,
der Deutschen Presse-Agentur. Angaben aus den Kassenärztlichen
Vereinigungen zu den verpassten Terminen schwankten zwischen fünf und
fast 20 Prozent. Der Verband der niedergelassenen Ärzte ist für
Ausfallgebühren in solchen Fällen - Krankenkassen und
Verbraucherschützer lehnen das strikt ab.

«Mit dem Signal einer solchen Gebühr setzen wir auf den Lernerfolg
bei Patienten», sagte der Vorsitzende des Niedergelassenen-Verbands
NAV-Virchow-Bund, Dirk Heinrich. Dies gelte besonders dafür, wenn
Untersuchungen bei Bestellpraxen versäumt werden, die nur feste
Termine vergeben. «Hier entsteht den Praxen ein echter
wirtschaftlicher Schaden.»

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sehen keinen Grund für
derartige Gebühren. In Vereinbarungen über Ärztevergütungen seien
Zeiten, in denen Patienten nicht erscheinen, bereits berücksichtigt.
«Ärzte, die hier Patienten mit einer Strafgebühr zusätzlich zur Kas
se
bitten, verdienen also doppelt», sagte der Vize-Vorstandschef des
GKV-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte Forderungen nach
Ausfallgebühren absurd. «Schließlich erhalten Patienten, die trotz
Termin lange warten, auch keine Entschädigung», sagte Vorstand Eugen
Brysch. Termintreue sei wichtig. «Aber sie muss für Ärzte genauso
gelten wie für Patienten.» Ohne belastbare Zahlen werde beim Thema
versäumte Termine aus einer Mücke ein Elefant gemacht.

Auch Petra Fuhrmann, Gesundheitsexpertin beim Verbraucherzentrale
Bundesverband (vzbv), betonte: «Ärzte erwarten, dass Patienten zu
einem vereinbarten Termin kommen. Aber Patienten erwarten genauso,
dass sie bei einem vereinbarten Termin nicht noch lange Wartezeiten
in Kauf nehmen müssen.» Wenn Praxen Ausfallgebühren fordern, sähen

das die Verbraucherzentralen sehr kritisch. So führe ein versäumter
Routinetermin üblicherweise nicht zu einem Schaden für die Praxis, da
etwa ein nächster Patient behandelt werden könne.

Kassenärzte-Chef Gassen sagte: «Es kann immer Gründe geben, warum
Patienten doch nicht kommen.» Leider lasse es sich auch nicht
verhindern, wenn Patienten gezielt eine Mehrzahl von Terminen
«bunkern». Würden Termine dann kurzfristig nicht wahrgenommen, sei
das aber natürlich ein Problem - besonders, wenn etwa eine ambulante
Operation geplant war.

GKV-Vize von Stackelberg sagte: «Auch Patienten sind nur Menschen und
können mal einen Termin vergessen.» Daher gehörten bei vielen
modernen Praxen automatische Terminerinnerungen etwa per SMS längst
zum Standard.