Krankenkasse: Viele Patienten bekommen keinen Facharzt-Termine

Die Diagnose lautet Terminmangel. Viele Arztpraxen in Sachsen sind
derart ausgelastet, dass sie keine neuen Patienten mehr aufnehmen
können. Eine Ausnahme gibt es allerdings.

Dresden (dpa/sn) - Ein Termin beim Facharzt ist für Neupatienten in
Sachsen oft ein Glücksspiel. Laut einer gemeinsamen Untersuchung der
Techniker Krankenkasse (TK) und der Hochschule Zittau/Görlitz
vergeben rund ein Fünftel aller Arztpraxen (22 Prozent) keine Termine
an neue Patienten. Bei den Augenärzten ist es sogar jeder zweite, bei
den Neurologen sind es 40 Prozent und bei Hautärzten etwa ein
Viertel. Radiologen hingegen würden niemanden abweisen. Zu den
Gründen sagte TK-Chefin Simone Hartmann: «Landarztpraxen können nicht

besetzt werden, weil es junge Ärzte in die Städte zieht. Hinzu kommt,
dass falsche Vergütungsanreize die Kapazitäten von Ärzten verknappen

und sinnlose Bürokratie die Praxen belastet.»

Laut der Studie haben die Praxen ihre Belastungsgrenze erreicht.
«Acht Wochen im Durchschnitt beträgt bei allen sechs angerufenen
Facharztgruppen die Wartezeit auf einen Termin. Durchschnittlich 13
Wochen warten Patienten beim Neurologen», hieß es. Danach folgten
Hautärzte mit durchschnittlich zwölf Wochen, Augenärzte mit elf
Wochen, die Orthopäden mit acht Wochen. Bei den Neurochirurgen sind
es sechs Wochen: «Einzig die Radiologen liegen mit vier Wochen in der
vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist für eine zumutbare Wartezeit.»

«Diese Situation müssen wir für die Patienten dringend ändern. Eine

geplante Ausweitung der Sprechzeiten von 20 auf 25 Stunden pro Woche
wird uns allerdings wenig weiterhelfen», betonte Hartmann. Man
brauche ganz neue Denkansätze: «Entlastung verschaffen wir dem Arzt
zum Beispiel, indem wir Leistungen auf medizinisches Fachpersonal
delegieren und die digitalen Chancen so schnell wie möglich nutzen.
Ich sehe hier mehrere Partner in der Pflicht.»

Hartmann zufolge muss die Selbstverwaltung von Kassen und
Kassenärztlicher Bundesvereinigung die bundesweiten
Rahmenvereinbarungen auf die aktuelle Situation anpassen. Der
Gesetzgeber sei in der Pflicht, Spielraum für bundeslandspezifische
Verträge zuzulassen. Vor allem aber müsse die Kassenärztliche
Vereinigung Sachsen ihren Auftrag zur Sicherstellung der Versorgung
deutlich flexibler managen: «Von der Verwaltung erwarte ich eine
lösungsorientierte Herangehensweise.»

Nach Angaben der TK hat sich als weiteres Problem die Erreichbarkeit
von Arztpraxen erwiesen. In Klein- und mittelgroßen Städten nutzten
sie die Sprechzeiten für telefonische Terminvergabe, in Großstädten
dagegen würden gesonderte Telefonzeiten angeboten. Bei 80 Prozent der
Radiologen sei schon der erste Anruf erfolgreich. Aber nur jede
fünfte orthopädische Praxis könne sofort erreicht werden: «Von den

200 angefragten Arztpraxen sind es sogar 50 und damit ein Viertel,
bei denen selbst der dritte Anruf erfolglos bleibt.»

«Immerhin 20 Prozent der Hautärzte und acht Prozent der Orthopäden
verweisen auf ihre Akutsprechstunde», teilte die TK mit. In der
Akutsprechstunde können Versicherte ohne Terminreservierung
dringliche Beschwerden kurzfristig abklären lassen. Die Ergebnisse
zeigten, wie notwendig Terminservicestellen für die Vermittlung von
Facharztterminen sind. Diese Servicestellen seien ein sinnvolles
Angebot: «Sie scheiterten aber regelmäßig dann, wenn die Ressource
Arzt ausgebucht ist.»