Endgültige Bestmarken im Marathonlauf womöglich bald erreicht

Die besten Marathon-Läufer der Welt werden immer schneller. Aber wie
lange noch?

Melbourne (dpa) - Erst vor einem halben Jahr lief der Kenianer Eliud
Kipchoge beim Berlin-Marathon mit 2:01:39 Stunden einen neuen
Weltrekord. Doch die Zeit der Bestleistungen könnte bald zu Ende
gehen. Das zumindest ergibt sich aus Modellrechnungen von Simon Angus
von der Monash University in Melbourne (Australien). Dieser Analyse
zufolge liegt die maximal erreichbare Siegeszeit für Männer bei
1:58:05 Stunden und für Frauen bei 2:05:31 Stunden. Die Studie ist im
Fachjournal «Medicine & Science in Sports & Exercise» erschienen.

Angus ist Wirtschaftswissenschaftler und verwendete ein ökonomisches
Modell, um Prognosen für weitere Rekorde abzuleiten. Als
Ausgangsdaten nutzte er die offiziellen Weltrekorde des
Weltleichtathletikverbands IAAF von Männern und Frauen seit 1950. In
dieser Zeit verringerte sich die Rekordzeit bei den Männern um 19
Minuten, bei den Frauen sogar um 82 Minuten.

Der Forscher befasste sich auch mit der Frage, wann ein Mann einen
Marathon in weniger als zwei Stunden laufen wird. «Wenn im Mai 2032
ein IAAF-Marathon gelaufen wird, würde ich voraussagen, dass die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Läufer in diesem Fall die
Zwei-Stunden-Marke durchbricht, zehn Prozent beträgt», wird Angus in
einer Mitteilung der Monash University zitiert.

Der aktuelle Rekordhalter Kipchoge hatte im Jahr 2017 ohne Erfolg
versucht, die Schallmauer von zwei Stunden zu durchbrechen. Auf dem
Formel-1-Kurs im italienischen Monza drehte er unter Laborbedingungen
seine Runden. Doch mit einer Zeit von 2:00:25 Stunden - die nicht als
offizieller Weltrekord anerkannt ist - blieb er knapp unter
seinem Ziel.

Die Wahrscheinlichkeit, dass bei den Männern ein offizieller
Weltrekord unter zwei Stunden gelaufen wird, steigt nach den
Modellrechnungen bis 2054 auf 25 Prozent an.

Bei den Frauen hält nach wie vor der Weltrekord von 2:15:25, den die
Britin Paula Radcliffe 2003 aufgestellt hatte. «Basierend auf der
äquivalenten Leistungsdifferenz zur erwarteten Bestzeit aller Zeiten
für Frauen wäre ein Ziel von 2:10:00 Stunden oder das Projekt unter
130 Minuten ein vernünftiger Kristallisationspunkt, um internationale
Impulse zu setzen», betont Angus, der selbst Marathonläufer ist. Er
geht davon aus, dass es gerade in Afrika noch viele unentdeckte
Läufertalente gibt, die ausfindig gemacht und gefördert werden
könnten.

Für Hans-Georg Predel von der Deutschen Sporthochschule Köln, der
nicht an der Studie beteiligt war, entspringen solche Berechnungen
dem urmenschlichen Interesse an künftigen Entwicklungen. «Konkret
bieten diese Modellrechnungen natürlich eine Benchmark, an der sich
Sportler und Trainer zumindest grob orientieren können hinsichtlich
realistischer sportlicher Zielsetzungen.» Allerdings gebe es auch
Grenzen solcher Modelle, sagt der Sportmediziner: «Vollkommen neue
Laufschuhe oder Trainingstechniken oder sonstige unerwartete
Entwicklungen können zu unerwarteten Quantensprüngen in der Leistung
führen.»