Vom Holzbein zur Hightech-Prothese: Ottobock wird 100 Jahre alt Von Matthias Brunnert, dpa

Vor 100 Jahren hatte Otto Bock eine Idee, als viele Soldaten
kriegsversehrt von der Front zurückkehrten: Er begann, Prothesen
industriell zu produzieren. Heute ist daraus Hightech geworden -
manche Prothesen lassen sich sogar durch Gedanken steuern.

Duderstadt (dpa) - Heute würde man wohl von einem Start-up sprechen:
Als Otto Bock vor 100 Jahren einen Einfall hatte, gründete er in
Berlin-Kreuzberg einfach eine Firma. Bock hatte erkannt, dass die
vielen amputierten Weltkriegsopfer mit handwerklichen Mitteln nicht
ausreichend zu versorgen waren. Seine Orthopädische Industrie GmbH
begann 1919, Bauteile für Prothesen industriell zu produzieren. Bock
leitete so auf seinem Gebiet ein neues Zeitalter ein.

Inzwischen werden Prothesen hierzulande weniger für Kriegsversehrte
benötigt als für ältere Diabetes-Patienten oder Unfallopfer, denen
Gliedmaßen amputiert werden mussten, sagt der Geschäftsführer des
Bundesinnungsverbands für Orthopädietechnik, Norbert Stein. Das
Familienunternehmen Ottobock, das seinen Hauptsitz seit 1947 im
südniedersächsischen Duderstadt hat, gilt als einer der weltweit
größten Anbieter in der Prothesen-Technik, die längst eine
Hightech-Branche geworden ist.

So stellt Ottobock etwa das C-Leg her, eine mikroprozessor-gesteuerte
Beinprothese. Damit konnte Alex Zanardi wieder Rennen fahren - dem
früheren italienischen Formel-1-Piloten waren nach einem schweren
Unfall auf dem Lausitzring 2001 beide Beine oberhalb der Knie
amputiert worden. Mit einem C-Leg, das rund 28 000 Euro kostet,
wurden nach Firmenangaben weltweit bereits weit mehr als 70 000
Menschen versorgt.

Als Ottobock im Gründungsjahr aus dem politisch unruhigen Berlin nach
Königssee in den Thüringer Wald umzog, lagen Hightech-Produkte in
weiter Ferne. Damals ging es eher um die Herstellung von Holzbeinen.
1947 zog die Firma nach der Enteignung in der damaligen Sowjetzone
erneut zwangsweise um, Max Näder, der Schwiegersohn des Gründers,
fing in Duderstadt neu an.

1990 übernahm Hans-Georg Näder, Enkel des Gründers, die Leitung des
Unternehmens, das heute auf gut 7000 Mitarbeiter an mehr als 50
Standorten gewachsen ist. Der Umsatz stieg 2017 auf rund 927
Millionen Euro. Gründerenkel Näder selbst gehört nach Recherchen des

Wirtschaftsmagazins «Bilanz» mit einem geschätzten Vermögen von 2,3

Milliarden Euro zu den reichsten Menschen in Niedersachsen.

Die rasante technologische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte
brachte auch der Prothesenherstellung einen Schub: Die Technik der
Produkte habe inzwischen ein derart hohes Niveau erreicht, dass
manche Prothesen praktisch durch Gedanken gesteuert werden könnten,
erläutert Norbert Stein vom Innungsverband für Orthopädietechnik. So

entwickelte Ottobock unter anderem eine Orthese, die Menschen mit
gelähmten Beinen das Laufen ermöglichen soll.

Bei Arm- und Beinprothesen ist das Unternehmen nach Angaben des
Spectaris-Verbandes der Hightech-Industrie Weltmarktführer. Und nach
einer Analyse des Londoner Beratungsunternehmens Technavio gehört
Ottobock im gesamten Markt für Prothesen zu den größten fünf
Anbietern neben wie Firmen wie Blatchford (Großbritannien) und
Fillauer (USA).

Die Wachstumsaussichten der Orthopädietechnik-Branche sind nach
Einschätzung des Innungsverbandes gut: Die Zahl der Menschen, die
eine Hightech-Prothese benötigten, werde angesichts der zunehmend
älter werdenden Bevölkerung steigen, sagt Geschäftsführer Stein.

Als Partner unterstützt Ottobock seit mehr als 30 Jahren auch
zahlreiche Athleten bei den Paralympics, den Olympischen Spielen für
Sportler mit Behinderung. «Gemeinsam haben wir es uns zum Ziel
gesetzt, Menschen mit Mobilitäts-Einschränkungen einen besseren
Zugang zum Sport zu ermöglichen», sagt Friedhelm Julius Beucher,
Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. Alleine nach Rio
habe Ottobock 2016 ein 100-köpfiges Serviceteam entsandt.

Das Firmenjubiläum feiert Ottobock nun an diesem Montag (18.2.) mit
einem Festakt, zu dem sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
als Gast angekündigt hat.

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