Längst keine Science-Fiction mehr - Deutschland will bei KI aufholen Von Theresa Münch und Andreas Hoenig, dpa
Künstliche Intelligenz - das Wort dürfte bei vielen Menschen erst
einmal Verunsicherung hervorrufen. Was genau passiert in den nächsten
Jahren wo und wie? Sicher scheint: KI wird das Berufs- und
Privatleben verändern.
Berlin (dpa) - Wir tragen sie längst in der Hosentasche mit uns rum
oder haben sie im Wohnzimmer stehen - Millionen Bundesbürger haben
bereits jeden Tag Kontakt zu künstlicher Intelligenz, wenn auch nur
durch Siri im Telefon oder den Sprachassistenten Alexa. Doch die
Unsicherheit ist groß: Vom Schreckensszenario «Maschinen übernehmen
die Welt» bis hin zur Angst um Arbeitsplätze. Zugleich gewinnt
künstliche Intelligenz in fast allen Lebensbereichen rasant an
Bedeutung. Vor allem die Industrie setzt große Hoffnungen in einen
Markt, der - zumindest in Deutschland - vielfach noch in den
Kinderschuhen steckt.
«SCHLÜSSELTECHNOLOGIE» KÜNSTLICHE INTELLIGENZ:
KI ist ein Überbegriff - für unterschiedliche Maschinen und
Programme, die ähnlich wie Menschen selbstständig lernen, urteilen
und Probleme lösen können. Computer lernen, indem sie gewaltige
Datenmengen auswerten. Ausgefeilte Algorithmen können in Bildern,
Texten oder gesprochener Sprache Muster erkennen, anhand dieser
Ereignisse vorhersagen und Entscheidungen treffen. So können sie
inzwischen sogar auch Emotionen in menschlichen Gesichtern erkennen,
zu eigenen Emotionen, Mitgefühl und echter Kreativität sind sie aber
(noch) nicht fähig.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IM ALLTAG:
Lernende Systeme stecken nicht nur in der Spracherkennung von Apple
und Amazon. Es gibt einen Google-Assistenten, der - deutlich
authentischer als Siri und Alexa - Friseurtermine buchen kann. Auch,
dass Handys Fotos nach bestimmten Merkmalen anzeigen - etwa alle mit
Autos oder Palmen oder bestimmten Personen - liegt an Künstlicher
Intelligenz. In Rasenmäher- oder Staubsaugerrobotern ist sie
ebenfalls verbaut. In modernen Autos lassen sich Navigation, Telefon
und Klimaanlage dank KI über die Sprache und teils sogar über Gesten
steuern, auch in Einpark- und Spurhalteassistenten steckt Künstliche
Intelligenz.
KI IN WIRTSCHAFT UND FORSCHUNG:
In der Medizin soll KI bei der Früherkennung von Krebs unterstützen,
Roboter führen Teile von Operationen schon jetzt wesentlich präziser
durch als ein Chirurg. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche
Intelligenz arbeitet unter anderem an Exoskeletten, die zum einen an
unzugänglichen Orten wie in Tiefsee oder Weltraum eingesetzt werden
könnten, die aber auch Pflegekräften die körperlich anstrengende
Arbeit erleichtern sollen.
Die lernenden Algorithmen sollen auch den Finanzmarkt erobern und die
Aktienauswahl von Fonds steuern. In der Landwirtschaft arbeiten die
Wissenschaftler an Systemen, die erkennen, ob Kartoffeln von
Krankheiten befallen sind - der Einsatz von Fungiziden soll dadurch
deutlich reduziert werden. Wohl bekanntester Einsatzbereich ist
autonomes Fahren. KI muss dafür nicht nur Stoppschilder erkennen,
sondern Gefahren vorhersehen - zum Beispiel antizipieren, dass einem
Ball, der zwischen parkenden Autos auf die Straße rollt, ein Kind
hinterlaufen könnte.
DEUTSCHLAND WILL AUFHOLEN:
Weltweit führend bei der KI sind die USA und China mit Unternehmen
wie Google, Amazon, Facebook, Apple, Alibaba oder Huawei. «Sie
alleine investieren jedes Jahr Milliarden in KI», sagt der Präsident
des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg. Deutschland sei zwar in der
Grundlagenforschung viele Jahre Weltspitze. «Aber es entstanden
daraus zu wenige Produkte.» Industriepräsident Dieter Kempf sieht
dennoch eine gute Ausgangsposition: «Wenn es uns in Deutschland
gelingt, unser Industrie-Know-how mit KI-Know-how zu verbinden,
werden wir uns eine hervorragende Wettbewerbsposition sichern.»
DIE STRATEGIE DER BUNDESREGIERUNG:
Die Bundesregierung will Forschung und Anwendung Künstlicher
Intelligenz bis 2025 mit drei Milliarden Euro unterstützen - und baut
darauf, dass Wirtschaft, Wissenschaft und Länder mindestens noch
einmal genauso viel investieren. Unter anderem soll ein Netz von
mindestens zwölf vernetzten Forschungszentren aufgebaut werden. An
den Hochschulen werden 100 zusätzliche Professuren eingerichtet.
Mittelständische Unternehmen sollen bei Tests unterstützt werden.
Außerdem sollen mehr Daten zur Verfügung stehen, mit denen KI-Systeme
lernen können.
IN WELCHEN BRANCHEN KI WICHTIG WIRD:
In fast allen Branchen, sagen Wirtschaftsverbände. KI werde wichtig
dort, wo Daten gesammelt und interpretiert werden können, dies treffe
nahezu auf die gesamte Wirtschaft zu. Auch Berg sagt: «Künftig wird
es kaum noch Produkte oder Dienstleistungen geben, die nicht auf die
eine oder andere Weise KI-Technologie nutzen.» KI werde Grundlage für
die Entwicklung autonomer Autos ebenso wie für eine effiziente
Logistik mit optimaler Routenplanung. Und in der Fertigung seien
KI-Systeme in der Lage, Fehler in Bauteilen automatisch zu erkennen.
WAS KI FÜR JOBS BEDEUTET:
Braucht man künftig noch Taxi- oder Busfahrer, wenn Autos und Busse
autonom fahren? Und was passiert in den Fabriken? Die Wirtschaft
versucht, Ängste zu nehmen. Zwar bringe es der technische Fortschritt
mit sich, dass manche Tätigkeiten wegfallen und andere neu entstehen,
sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags, Martin Wansleben. DIHK-Umfragen aber deuteten
unterm Stich auf keine Beschäftigungsverluste hin.
Die Anforderungen an die Beschäftigten jedoch werden steigen. «KI
wird in unser Berufsleben ebenso wie in unser Privatleben einziehen»,
sagt Berg. «Dabei wird Künstliche Intelligenz in absehbarer Zukunft
in den allermeisten Fällen niemandem die Arbeit komplett abnehmen,
sondern uns bei unserer Tätigkeit unterstützen.»
WANN IST ES SO WEIT
Bis KI flächendeckend eingesetzt wird, dürfte es noch dauern. Erst 20
Prozent aller deutschen Unternehmen wenden KI an, 30 Prozent befinden
sich noch in der Entwicklungsphase, so der BDI. In einer
repräsentativen Bitkom-Befragung geben zwei Drittel der Bürger an,
dass KI spätestens in zehn Jahren die Gesellschaft spürbar verändert
haben wird.
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