Mehr als 1,2 Milliarden Euro für Regierungsberater seit 2006

Üben externe Berater zu starken Einfluss auf die Regierungsarbeit
aus? Die Hilfe von außen ist hoch umstritten. Jetzt gibt es eine neue
Statistik zu den Ausgaben der einzelnen Ministerien, die allerdings
große Lücken aufweist.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat seit 2006 mindestens 1,2
Milliarden Euro für mehr als 6000 Verträge mit externen Beratern
ausgegeben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Finanzministeriums
beim Kanzleramt und den 14 Bundesministerien, die auf Anfrage des
Linken-Abgeordneten Matthias Höhn durchgeführt wurde und der
Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die höchsten Ausgaben für
Expertise von außen meldeten das Finanzministerium selbst mit 258
Millionen und das Innenministerium mit 208 Millionen Euro. Ganz unten
auf der Rangliste stehen das Kanzleramt mit 4,0 Millionen und das
Gesundheitsministerium mit 6,1 Millionen Euro.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hagedorn weist in ihrer
Antwort auf die Anfrage aber darauf hin, dass die Zahlen
unvollständig und nicht vergleichbar seien. Der Hauptgrund dafür sei,
dass die maßgeblichen Akten nach den geltenden
Verwaltungsvorschriften nur fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Für

die Jahre bis 2014 würden daher «teilweise keine oder nur lückenhafte

Unterlagen zu den abgefragten Sachverhalten» vorliegen. Außerdem
würden die einzelnen Ressorts unterschiedlich definieren, was unter
«Berater- und Unterstützungsleistungen» zu verstehen sei.

Damit bleibt das tatsächliche Ausmaß des Einsatzes externer Berater
durch die Bundesregierung weiter unklar. Die 1,24 Milliarden Euro für
6393 Verträge in 13 Jahren sind jedenfalls nur Ausschnitt der
Realität. Der «Spiegel» hatte vor einer Woche Expertenschätzungen
zitiert, nach denen die staatlichen Ausgaben für Unternehmensberater
bei drei Milliarden Euro pro Jahr liegen sollen, also vielfach höher.

Die Opposition kritisiert, dass es keine verlässliche Statistik zu
den Beratungsleistungen gibt. Der jetzt vom Finanzministerium
genannte Milliardenbetrag sei «nur die Spitze des Eisbergs», sagte
der Linken-Politiker Höhn. «Mit allen Mitteln und Tricks vermeidet
die Bundesregierung, die wahren Kosten für externe Beratungs- und
Unterstützungsleistungen offen zu legen.»

In den Jahren ab 2014, für die noch vollständige Akten existieren,
sind die Ausgaben für externe Regierungsberater jedenfalls deutlich
gestiegen. 2014 lagen sie der Aufstellung des Finanzministeriums
zufolge noch bei 63 Millionen Euro, 2015 waren es schon 105
Millionen, 2016 stieg die Zahl auf 243 Millionen und 2017 lag sie bei
248 Millionen Euro. Für 2018 haben noch nicht alle Ministerien Zahlen
gemeldet.

Das Engagement von Unternehmensberatern und anderen Experten von
außen durch die Bundesregierung ist hoch umstritten. Kritiker meinen,
dass der Einkauf von Sachverstand zu teuer und angesichts der mehr
als 20 000 Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend
notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit
befürchtet.

Der Einsatz von Beratern im Verteidigungsministerium wird demnächst
von einem Untersuchungsausschuss des Bundestags überprüft. Der
Verteidigungsausschuss fasste vergangene Woche einen entsprechenden
Beschluss. Es geht um Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis
hin zu Vetternwirtschaft.

In der Statistik des Finanzministeriums taucht das
Verteidigungsministerium mit Ausgaben von 34 Millionen Euro seit 2006
für Beratungs- und Unterstützungsleistungen inklusive nachgeordneter
Behörden allerdings relativ weit unten auf. Anfang Dezember hatte das
Ministerium in einer anderen Antwort auf eine parlamentarische
Anfrage das Volumen der laufenden Rahmen- und Einzelverträge noch auf
207 Millionen beziffert.

Der Linken-Politiker Höhn wies darauf hin, dass
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bereits als
Arbeitsministerin hohe Ausgaben für Berater zu verzeichnen hatte. Für
die Jahre 2010 bis 2013, in denen die CDU-Politikerin an der Spitze
dieses Ministeriums stand, verzeichnet die Statistik Ausgaben von 74
Millionen Euro für Berater. Mehr als in den neun Jahren davor und
danach zusammen mit rund 68 Millionen. «Wo Ursula von der Leyen die
Tür öffnet, folgen ihr Heerscharen an Beratern gleich mit», sagte
Höhn. «Es ist höchste Zeit, diese teure und undemokratische Praxis
endlich zu beenden.»