«Nicht alle passen» - Firmen treffen Geflüchtete auf Jobmesse Von Anna Ringle, dpa

Der Arbeits- und Fachkräftemangel in Deutschland lässt sich auch
hieran ablesen: Viele Firmen zieht es zu einer Berliner Jobmesse für
Geflüchtete. Die Bundesagentur für Arbeit will eine bestimmte Gruppe
stärker fördern.

Berlin (dpa) - Vor einem Jahr kam Manaf Al Maftah auf eine Berliner
Jobmesse - mit Hoffnung und Lebenslauf im Gepäck. IT-Vorkenntnisse
halfen dem jungen Syrer, bei einem Unternehmen Interesse zu wecken.
Ein Jahr später - an diesem Montag - ist der 32-Jährige wieder auf
der Messe. Er arbeitet inzwischen bei der Firma Infinit Services als
Junior Software Entwickler - und will anderen Geflüchteten hier Mut
machen. «Es ist ein Stück neuer Weg», sagt Al Maftah über das Leben
,
das er sich hier aufgebaut hat.

Die inzwischen vierte Berufs- und Ausbildungsmesse für Geflüchtete
und ausländische Arbeitssuchende - es soll sich um die größte in
Europa handeln - zieht gleich zu Beginn viele junge Leute an. 180
Firmen haben in einer Halle Stände aufgebaut. Es sind namhafte große
Unternehmen darunter, aber auch kleinere sowie Verbände und
Institutionen, die über Aus- und Weiterbildung informieren. Unter den
Messebesuchern ist ein junger Syrer, der einen Ausbildungsplatz
sucht. «Hier kann man viele Chancen finden», sagt er. Seit seiner
Flucht aus Syrien im Jahr 2015 lebe er in Berlin. Derzeit habe er
einen Mini-Job als Zeitungsausträger.

370 000 Menschen aus den wichtigsten Asylherkunftsländern - das sind
Syrien, Afghanistan, Pakistan, Iran, Irak, Somalia, Nigeria und
Eritrea - haben laut Bundesagentur für Arbeit zurzeit hierzulande
einen Job. Das seien 100 000 mehr als ein Jahr zuvor. Diese
Gesamtzahl teilt sich auf in 300 000 sozialversicherungspflichtige
Arbeitsstellen und 70 000 ausschließlich Mini-Jobs. Seit Jahren
steigt hierzulande die Zahl der Geflüchteten mit einer
sozialversicherungspflichtigen Arbeit. Im Sommer 2013 waren es noch
gut 61 000, Mitte 2017 belief sich die Zahl auf 157 000.

Zugleich sind laut Bundesagentur zurzeit 600 000 erwerbsfähige
Geflüchtete bei den Jobcentern registriert. Das bedeutet, dass sie
zum Beispiel Integrationskurse machen oder arbeitslos gemeldet sind.
Zehntausende von ihnen werden nach Ansicht des Chefs der
Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, in diesem Jahr einen Job
finden - mit Blick auf die insgesamt gute Arbeitsmarktsituation in
Deutschland. Es werden ungefähr zwischen 60 000 und 70 000 sein, wie
er auf der Messe sagt. «Ich glaube vor allen Dingen, dass es uns
wieder gelingt, viele jugendliche Flüchtlinge in Ausbildung zu
bringen.» Bei der Flüchtlingsintegration werde es etwas besser
weitergehen als in den vergangenen Jahren. Scheele führt das auf den
Spracherwerb zurück, der sich mit den Jahren verfestige.

Von den Geflüchteten mit sozialversicherungspflichtigem Job arbeitete
Mitte 2018 laut Bundesagentur-Statistik fast die Hälfte als Helfer -
zum Beispiel in der Reinigung oder Logistik. Das spiegelt sich auch
auf der Jobmesse wider. Hier bieten viele Firmen Tätigkeiten an, bei
denen keine Ausbildung notwendig ist. Die Deutsche Post zum Beispiel
wirbt mit Flyern für einen Job als Briefsortierer oder
Paketzusteller. Nach der vorigen Jobmesse habe das Unternehmen 180
Leute eingestellt, berichtet ein Mitarbeiter. Viele der Geflüchteten
hätten eine «große Motivation» bei ihrer Arbeit.

An einem Aufsteller in der Messehalle sind Jobanzeigen angebracht.
Sie lauten unter anderem: Gartenbauhelfer, Helfer Gastgewerbe, Helfer
Hotel und Helfer stationäre Krankenpflege.

Ein Vertreter der IT-Firma, für die auch der Syrer Manaf Al Maftah
arbeitet, betont über die Bewerberlage für eine Arbeit als
Fachkraft: «Nicht alle passen.» Vor allem, wenn Vorkenntnisse oder
ein Studium Voraussetzung sind.

Zum großen Anteil an Helfer-Jobs unter den arbeitenden Geflüchteten
betont Scheele, man habe bei Erwachsenen immer gesagt: «Work first»
(Arbeit zuerst). Wenn jemand als Helfer arbeite, dann sei das ein
erster Schritt zum Ankommen in Deutschland. «Ich finde, man sollte
das nicht zu sehr abwerten.»

Die Bundesagentur vereinbarte am Montag auch eine Kooperation mit der
Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, zur engeren
Zusammenarbeit. Die Maßnahmen sollen unter anderen dabei helfen,
geflüchtete Frauen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die
Statistik des Bundesagentur zeigt: Mitte 2018 waren 87 Prozent der
Geflüchteten mit Job Männer.