Institut kritisiert «schwere Ausbeutung» von Migranten in Deutschland

Vor zwei Jahren gab es eine Gesetzesänderung, um den Missbrauch von
Leiharbeit und Werkverträgen einzudämmen. Nach Einschätzung des
Deutschen Instituts für Menschenrechte werden in Deutschland trotzdem
noch Ausländer ausgebeutet - auch Bürger der EU.

Berlin (dpa) - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hält
den Schutz ausländischer Arbeiter vor Ausbeutung in Deutschland für
absolut unzureichend. Ein Teil der Arbeitsmigranten sei «von schwerer
Arbeitsausbeutung betroffen», stellt das Institut in seinem
dritten Jahresbericht fest. Neben Flüchtlingen und Arbeitsmigranten
aus Nicht-EU-Staaten erhalten demnach auch zahlreiche Menschen aus
EU-Ländern wie Bulgarien oder Rumänien weniger Geld, als ihnen
zusteht.

Einige Arbeitgeber zahlten Ausländern Löhne weit unterhalb des
Mindestlohns von derzeit 8,84 Euro, heißt es in dem Bericht. Sie
führten keine Sozialabgaben für sie ab. Die Ausländer müssten
unbezahlte Überstunden leisten, würden in menschenunwürdigen
Unterkünften untergebracht. Oftmals würden sie mit Drohungen oder
sogar mit Gewalt davon abgehalten, sich Hilfe zu suchen. Viele
schwarze Schafe seien in der Baubranche zu finden, in
fleischverarbeitenden Betrieben, in der Pflege, der Prostitution, in
der Reinigungsbranche, der Gastronomie und im Bereich Logistik.
«Diese Zustände findet man leider auch bei öffentlichen Bauvorhaben
»,
sagte die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im
Bundestag, Gökay Akbulut.

Häufig fehlten Arbeitsverträge oder Lohnabrechnungen, sodass es für
die Arbeitsmigranten schwer sei, die Ausbeutung zu dokumentieren
und ausstehenden Lohn einzuklagen, kritisierte das DIMR. Um das
Machtgefälle zwischen den Migranten und ihren Arbeitgebern zu
verringern, hätten andere Staaten ein Verbandsklagerecht von
Gewerkschaften eingeführt oder Behörden die Befugnis erteilt,
individuelle Lohnansprüche für die Arbeitnehmer einzuklagen. Die
FDP-Abgeordnete Gyde Jensen forderte, die Unternehmen der
einschlägigen Branchen müssten stärker kontrolliert werden.

Von 33 Betroffenen, die das Institut befragte, schafften es nur
zwölf, ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht einzuleiten. Acht von
ihnen waren erfolgreich. Wer keine neue Beschäftigung gefunden habe,
verzichtet demnach oft auf eine Klage, weil er sich sonst während des
Verfahrens nicht finanziell über Wasser halten kann. Die
Verfahrensdauer für ein Urteilsverfahren an Arbeitsgerichten betrug
im Jahr 2017 durchschnittlich 3,1 Monate. Das Institut schildert den
Fall eines rumänischen Bauingenieurs, der seinen Lohn erst
unregelmäßig und dann gar nicht mehr erhielt. Als er eine Klage
einreichte, wurde ihm per SMS gekündigt.

Das DIMR ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution
Deutschlands. Das Institut wird aus dem Haushalt des Bundestags
finanziert.

In seinem Jahresbericht setzt es sich diesmal auch kritisch mit der
Anwendung von Zwang in der Psychiatrie auseinander. Dazu fehlen den
Angaben zufolge bundesweite verlässliche Daten. Beispielsweise sei
unklar, weshalb die Quote der Menschen, die in einer psychiatrischen
Klinik untergebracht werden, in Schleswig-Holstein besonders hoch und
in Sachsen sehr niedrig sei. 

Das DIMR prangerte außerdem Rüstungsexporte in Staaten an, die
systematisch gegen Menschenrechte verstoßen. DIMR-Direktorin Beate
Rudolf sagte am Mittwoch in Berlin: «Wir haben festgestellt, dass die
Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien und in den Vereinigten
Arabischen Emiraten sowie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts
durch beide Länder bei den Genehmigungen von Rüstungsexporten
offenbar keine Rolle gespielt haben». Dabei sei sowohl die Situation
im Land selbst zu berücksichtigen, als auch die Beteiligung dieser
Staaten am Krieg im Jemen. Die Bundesregierung sollte ihre
menschenrechtlichen Bewertungen in Genehmigungsverfahren für die
Lieferung von Rüstungsgütern künftig gegenüber dem Bundestag
begründen müssen.