Klingbeil verteidigt SPD-Forderung nach Umbau von Hartz IV

Berlin (dpa) - SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Absicht
seiner Partei verteidigt, die Grundsicherung Hartz IV tiefgreifend zu
reformieren. «Es werden bald ganze Branchen verschwinden», sagte er
mit Blick auf die Digitalisierung und die Entwicklung der Künstlichen
Intelligenz am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Anne Will». So werde
es etwa in ein paar Jahren keine Übersetzer mehr geben. «Diesen
Menschen muss der Staat eine Garantie geben, dass wir uns um sie
kümmern, dass sie nicht innerhalb kürzester Zeit ins Arbeitslosengeld
II abrutschen, dass sie nicht Hartz IV beziehen. Und da brauchen wir
eine große Reform.»

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sah Reformbedarf bei Hartz
IV - «zum Beispiel beim Bürokratie-Wust». So könne es zum Beispiel

mehr Pauschalen geben. «Aber das Grundprinzip, die Grundidee, die
dahinter steckt, die ist aus meiner Sicht zu erhalten», betonte der
Bewerber für den CDU-Vorsitz. Er befürwortete auch, Sanktionen für
Bezieher der Grundsicherung beizubehalten, die zum Beispiel Termine
im Jobcenter nicht einhalten oder angebotene Stellen nicht annehmen.
«Warum? Weil es ein Gebot der Fairness ist (...) gegenüber
denjenigen, die das finanzieren.»

Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte bei «Anne Will», durch
das Hartz-IV-System sei ein riesiger Niedriglohnsektor etabliert
worden. Viele Menschen könnten von ihrer Arbeit nicht mehr leben.
«Und deswegen muss dieses Hartz IV weg.»

Die SPD diskutiert seit langem über eine Reform oder Abschaffung des
unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführten Hartz-Systems zur
Grundsicherung. Die Parteivorsitzende Andrea Nahles hatte vor kurzem
eine «Sozialstaatsreform 2025» gefordert und angekündigt: «Wir werd
en
Hartz IV hinter uns lassen.» Später erklärte sie, die neue
Grundsicherung müsse ein Bürgergeld sein. Die Leistungen müssten klar

und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen.

Die SPD-Vizevorsitzende Malu Dreyer sagte der «Welt»: «Hartz IV ist
eine Wunde für viele Mitglieder der SPD, das stimmt.» Es gehe darum,
einen Sozialstaat zu definieren, der den Herausforderungen unserer
Zeit entspreche. «Das tut eine 15 Jahre alte Reform aus einer
vordigitalen Zeit nicht.»