Zum Sterben nach Basel: 104-Jähriger macht Suizid-Begleitung publik Von Christiane Oelrich, dpa

Mit 104 Jahren hat David Goodall sich auf seine letzte Reise gemacht:
Der australische Botaniker ist um die halbe Welt geflogen. In Basel
will er sich jetzt seinen letzten Wunsch erfüllen: zu sterben.

Basel (dpa) - Mit 102 Jahren hat David Goodall noch kampfeslustig
seinen Arbeitsplatz an der Universität Perth in Westaustralien
verteidigt. Damals hatte ihm die Uni sein Büro streitig machen
wollen, doch der alte Mann setzte sich durch. 2016 war das, aber nun,
findet der australische Botanikprofessor, soll Schluss sein: «Ich
will sterben», sagte er an seinem 104. Geburtstag Anfang April in
einem Interview. «Ich bedauere es sehr, dieses Alter erreicht zu
haben.» Goodall hat sich auf den Weg in die Schweiz gemacht. Dort
will er sein Leben kommende Woche mit Unterstützung der Organisation
Lifecircle beenden.

Goodall sagt, er habe nach einem Sturz vor ein paar Monaten keine
Lebensqualität mehr. Er benutzt einen Rollator, kann nicht mehr gut
schmecken, riechen und sehen, was seine Arbeit am Computer
einschränkt. Auch musste er das Theaterspielen aufgeben. Von
geistiger Altersschwäche kann aber keine Rede sein. Klar sagt er, was
er will: «Wenn sich jemand in meinem Alter das Leben nehmen will,
sollte das ok sein, ich finde, da hat sich niemand einzumischen.»

Anders als in Deutschland ist Sterbehilfe in der Schweiz erlaubt. Es
gibt etwa zehn Vereine, die Sterbebegleiter stellen. Lifecircle, die
von Goodall gewählte Organisation, äußert sich nicht zu dem Fall. Die

größte Organisation dieser Art ist Exit. Sie spricht wie die andere
bekannte Schweizer Organisation Dignitas nicht von Sterbehilfe,
sondern «Freitodbegleitung», wie Vorstandsmitglied Jürg Wiler betont.


Exit gibt es seit 1982. Der Verein setzt sich für «das
Selbstbestimmungsrecht des Menschen im Leben und im Sterben» ein. Er
hilft Menschen etwa mit Patientenverfügungen, genau festzulegen, wie
sie am Ende des Lebens behandelt werden möchten. Und er hilft
Menschen beim Sterben. «Wir wissen aufgrund von Erhebungen, dass etwa
drei Viertel der Bevölkerung in der Schweiz hinter der Sterbehilfe
stehen», sagt Wiler. Exit Schweiz hat im vergangenen Jahr
734 Menschen in den Tod begleitet. Die Organisation steht aber nur
Schweizern oder Ausländern offen, die in der Schweiz wohnen.

Bei Dignitas gilt diese Einschränkung nicht. Dieser Verein betont,
dass er sich in erster Linie als Lebenshilfe-Organisation sieht. Bei
der Beratung suizidaler Menschen gehe es vielmehr um die Frage «wie
(weiter)leben», nicht «wie sterben», heißt es in der Vereinszentral
e
in Zürich. «Es geht vielmehr darum, die Möglichkeit zu haben als es
zu tun», schrieb Dignitas-Gründer Ludwig Minelli zu einer Studie
2007, wonach nur 14 Prozent der Antragsteller, die grünes Licht für
eine Freitodbegleitung bekommen hatten, auch Gebrauch davon machten.

Kritiker machen die Untastbarkeit des Lebens geltend und lehnen
solche Vereine strikt ab. «Natürlich gibt es Gegner», räumt Wiler
ein. Exit setze sich immer wieder für die öffentlichen Diskussion des
Themas ein. Dignitas war wegen hoher Kosten für die Freitodbegleitung
von mehreren tausend Euro in der Kritik. In Deutschland wurde 2015
geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten und im Strafgesetz verankert.
Der Medizinethiker Urban Wiesing und andere warnten vor der Gefahr
eines «Sterbetourismus» Richtung Schweiz.

David Goodall bedauert es, dass er nicht in seiner Heimat Australien
sterben kann. Dort ist Hilfe beim Suizid verboten. Er ist seit Jahren
Mitglied der Organisation Exit International, die sich für
selbstbestimmtes Sterben einsetzt. Sie hat nichts mit Exit Schweiz zu
tun. Goodall machte seine Entscheidung, zum Sterben in die Schweiz zu
reisen, öffentlich, um dem Thema neuen Schub zu geben. «Ich bedauere
nichts, ich habe bis vor kurzem ein ziemlich gutes Leben gehabt»,
sagte er. Seine Tochter, die Psychologin Karen Goodall-Smith,
unterstützt den Wunsch des Vaters. «Ich freue mich daran, dass er so
ein langes und wunderbares Leben hatte», meinte sie vor seiner
Abreise.

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