Ärzte im Norden dürfen ohne persönlichen Kontakt telefonisch beraten

Diagnose per Telefon oder Internet - das soll im Norden in leichten
Fällen möglich werden, ohne dass der Arzt dem Patienten vorher
gegenübersaß. Das soll Ärzte entlasten und Patienten Wege ersparen.
Erste Reaktionen sind positiv.

Bad Segeberg (dpa/lno) - Ärzte in Schleswig-Holstein sollen Patienten
auch ohne vorherigen persönlichen Kontakt telefonisch oder per
Internet beraten dürfen. Voraussetzung: Es muss medizinisch
vertretbar sein. Die Landesärztekammer hat nach eigenen Angaben vom
Donnerstag ihre Berufsordnung als erste in Deutschland entsprechend
geändert. Dies soll im Sommer in Kraft treten. In Baden-Württemberg
ist eine ausschließliche Fernbehandlung über Modellprojekte möglich.


Ziel der Kammer ist Rechtssicherheit für Ärzte, die Patienten bei
leichten gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Telefon beraten. Das
Gesundheitsministerium in Kiel muss die Änderung noch genehmigen.
Ressortchef Heiner Garg (FDP) begrüßte den Beschluss zur Aufhebung
des Fernbehandlungsverbotes.

Der Präsident der Landesärztekammer, Franz Bartmann, appellierte an
den im Mai in Erfurt tagenden Deutschen Ärztetag, auch auf
Bundesebene eine entsprechende Änderung vorzunehmen. Er betonte,
telefonische Diagnosen würden nicht zum Regelfall.

Die Nutzung digitaler Möglichkeiten biete die große Chance, Ärzte und

Patienten zu entlasten, sagte Garg. «Telemedizin kann dabei eine
Brücke zwischen ambulantem und stationärem Sektor sowie zwischen
ländlichen Raum und Spezialisten in Ballungsgebieten schlagen.»
Gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein könne dies einen
wichtigen Beitrag zur Sicherung der Versorgung leisten.

Auch der Marburger Bund begrüßte die Änderung, die er gefordert habe.

So könnten die Patientenversorgung besser organisiert und Ärzte
entlastet werden, sagte der Landesvorsitzende Henrik Herrmann. «In
Schleswig-Holstein ist künftig möglich, was außerhalb Deutschlands
längst tägliche Routine ist: Arzt und Patient können sich am Telefon

oder via Mobil-App begegnen.» Der Arzt dürfe dann auch auf dieser
Grundlage eine Diagnose stellen und die Therapie einleiten.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung unterstützt das. «Dies ist ein
wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Patientensteuerung»,
sagte die Landesvorsitzende Monika Schliffke. «Die neue Regelung
schafft außerdem vor allem für die Versorgung auf dem Land Beratungs-
und Behandlungsmöglichkeiten über moderne Kommunikationswege, die den
Patienten längere Wege in die nächste Praxis ersparen und den Arzt
entlasten.» Die Landesvertretung der Ersatzkassen lobt den Beschluss
der Ärztekammer ebenfalls. Dies sei zeitgemäß und pragmatisch.