Zahl der Tierversuche 2016 bundesweit gestiegen
Wissenschaftliche Versuche an Affen, Hunden, Katzen oder Mäusen
müssen genehmigt werden - und es darf keine Alternative dazu geben.
Dennoch ist die Zahl der Tierversuche bundesweit wieder gestiegen.
Kritiker halten viele Experimente für unnötig.
Berlin (dpa) - In Deutschland haben Wissenschaftler 2016 an rund 2,8
Millionen Tieren Versuche gemacht. Rund die Hälfte davon waren Mäuse,
gefolgt von Fischen, Ratten, Kaninchen und Vögeln. Unter den
Versuchstieren waren auch fast 4000 Hunde, rund 2460 Affen und
Halbaffen sowie rund 770 Katzen. Das geht aus den jüngsten Zahlen des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft für 2016 hervor,
die Ende Dezember 2017 an die Europäische Kommission übermittelt
wurden. Insgesamt nutzten Wissenschaftler damit 50 000 Tiere mehr als
im Vorjahr für Versuche, vor allem Mäuse, Fische und Vögel. Bei
anderen Arten ging die Zahl der Versuchstiere zumeist zurück.
Die Daten bestätigten, dass sich das hohe Niveau der Tierversuche in
Deutschland weiter zementiere, kritisierte der Verband Ärzte gegen
Tierversuche. Erschreckend sei der Anstieg der Versuche in der
Kategorie «schwer» - um rund 2500 auf mehr als 100 000 Tiere. Dabei
würden zum Beispiel Ratten mit Elektroschocks oder Mäuse durch
Schwimmen zur Verzweiflung getrieben, um menschliche Depressionen zu
simulieren.
Das Ministerium kann nach eigenen Angaben keine Angaben zu einzelnen
Versuchen machen. Von den 115 000 Tieren in der Kategorie «schwer» -
rund fünf Prozent aller Versuche - seien zum Beispiel 62 000 für
Qualitätskontrollen und 22 000 in der Grundlagenforschung eingesetzt
worden, sagte eine Sprecherin. Ein Schwerpunkt bei Tierversuchen lag
laut Statistik in der angewandten Forschung bei Krebserkrankungen
sowie Nerven- und Geisteserkrankungen des Menschen, es ging aber auch
um Tierkrankheiten. Grundlagenforscher legten danach Schwerpunkte auf
das Immunsystem sowie Stoffwechselkrankheiten.
665 325 Tiere wurden 2016 sofort getötet, um beispielsweise ihre
Organe oder Zellmaterial zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden.
Wie viele der übrigen Tiere bei den Versuchen starben, ist der
Bundesbehörde nicht bekannt. Zuständig für diese Frage seien die
einzelnen Bundesländer, sagte die Sprecherin. Grundsätzlich würden
aber nicht alle Tiere getötet, da auch einfache Versuche wie
beispielsweise Blutproben oder Sperma-Entnahme zu Forschungszwecken
als Tierversuche deklariert werden müssten.
Die Tierversuchszahlen in Deutschland überstieg 2001 die
Zwei-Millionen-Grenze, 2012 gab es bereits über drei Millionen
Versuche. Trotzdem nehme Deutschland bei der Entwicklung von
Alternativen zu Tierversuchen eine Vorreiterrolle ein, ergänzte die
Sprecherin.
Doch obwohl viele Fragen heute durch den Einsatz von Zellkulturen
oder computergestützte Verfahren beantwortet werden könnten, seien
Tierversuche für wissenschaftliche Zwecke - unter anderem in der
medizinischen Forschung - noch unverzichtbar. Dass 2016 mit rund 266
500 Fischen rund 100 000 Wassertiere mehr als im Vorjahr als
Versuchstiere dienten, sei nicht ungewöhnlich. Vorhaben mit Fischen
seien oft mit einer großen Zahl an Tieren verbunden, so dass
Schwankungen nicht ungewöhnlich seien.
Der Verband Ärzte gegen Tierversuche kritisiert die neue Statistik
als geschönt. Außer Acht gelassen würden zum Beispiel auf Vorrat
gezüchtete Tiere wie Mäuse, die bei einer Genmanipulation nicht das
gewünschte Merkmal aufwiesen und deshalb getötet würden. Die
«zweckfreie Grundlagenforschung» macht nach Angaben ihrer Kritiker
heute rund die Hälfte aller Tierversuche aus - das seien viermal so
viele wie vor 30 Jahren. «Dabei wird etwa erforscht, wie lange
Nacktmulle ohne Sauerstoff auskommen können oder wie sich ein Jetlag
auf das Gehirn von Mäusen auswirkt», sagte Corina Gericke,
Vizevorsitzende des Verbands. «Zu glauben, Tierversuche würden zum
Wohle des Menschen gemacht, ist ein Trugschluss.»
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