Nach besiegelter Übernahme: Stada vor turbulenter Hauptversammlung Von Alexander Sturm, dpa, und Tanja Vedder, dpa-AFX
Der Arzneimittelhersteller steht mit dem Verkauf an Bain und Cinven
vor einem Umbau. Das verunsichert Mitarbeiter, Gewerkschaften und
einige Anteilseigner. Auf dem Aktionärstreffen geht es nun um die
Macht bei Stada - wohl auch bei wichtigen Posten.
Bad Vilbel (dpa) - Wettbieten, Scheitern des ersten
Übernahmeversuchs, Chefwechsel, dann der hauchdünn besiegelte
Verkauf. Der hessische Pharmakonzern Stada hat in den vergangenen
Monaten einen wahren Krimi erlebt. Nach der zunächst gescheiterten
Übernahme im Juni mussten die angelsächsischen Investoren Bain und
Cinven im zweiten Anlauf erneut zittern. Mit einer Annahmequote von
63,85 Prozent der Stimmrechte schafften sie die Hürde von 63 Prozent
für die milliardenschwere Übernahme gerade so. Auf der
Hauptversammlung an diesem Mittwoch (30. August) in Frankfurt geht es
nun um den künftigen Kurs bei Stada. Zumal kurz davor auf Drängen der
Investoren der halbe Aufsichtsrat gehen muss.
Bain und Cinven planen, das Geschäft des Pharmakonzerns mit
Nachahmermedikamenten und rezeptfreien Markenprodukten wie Grippostad
international zu stärken - mit besser im Ausland vertriebenen
Produkten, Übernahmen und mehr Effizienz. «Viel spricht dafür, dass
sie bei Stada zügig durchgreifen», sagt Ulrich Huwald, Analyst bei
der Privatbank M.M. Warburg. Vor Zukäufen will Übergangschef
Engelbert Willink den MDax-Konzern aber erst profitabler machen.
«Größere Übernahmen, das ist eine Sache in zwei drei Jahren.»
Stada-Beschäftigte sowie Gewerkschaften und Aktionäre fürchten
Einschnitte. Unter den Privatanlegern lehnen einige Ärzte und
Apotheker die Übernahme der traditionsreichen Stada ab, die 1895 aus
einer Apotheker-Genossenschaft hervorging. Widerstand, etwa gegen
einen möglichen Job-Abbau, dürfte Willink auf der Hauptversammlung
sicher sein. Er hatte bereits angekündigt, unterstützende Bereiche
wie IT und Forschung zu bündeln.
Klar ist, dass Bain und Cinven - wie unter Finanzinvestoren üblich -
Stada irgendwann mit Gewinn verkaufen wollen und den Firmenwert
steigern müssen. Zwar verzichten sie auf betriebsbedingte Kündigungen
bis 2020, aber nur für die 158 Beschäftigten in der deutschen
Produktion und Fertigung. Stada hat aber weit mehr Mitarbeiter:
weltweit 10 900, davon 1100 hierzulande. «Wir sehen Gesprächsbedarf»,
sagt Alexander Wiesbach von der Gewerkschaft IG BCE.
Sorgen, dass Stada Spielball von Spekulanten bleibt, sind nicht
unberechtigt. Denn unklar ist, was der Investor Paul Singer mit
seinem Aktienpaket vor hat. Er hat über seinen Hedgefonds Elliott
insgesamt Zugriff auf gut 11 Prozent der Aktien. Gut möglich, dass
Singer auf eine Abfindung für Minderheitsaktionäre setzt. Zuletzt war
die Aktie auf gut 81 Euro hochgeschossen, deutlich mehr als die
Offerte von Bain und Cinven von 66,25 Euro je Papier.
Die Investoren brauchen mehr Macht für einen Konzernumbau. Sie
verhandeln mit Stada über einen Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag, um Zugriff auf die Kasse zu erhalten. Den
übrigen Aktionären wollen die Investoren ein neues Angebot machen.
Über den Gewinnabführungsvertrag wollen Bain und Cinven auf einer
späteren außerordentlichen Hauptversammlung abstimmen lassen. Dafür
benötigen sie 75 Prozent der Stimmrechte. Mit einer verlängerten
Frist bis 1. September wollen sie weitere einsammeln. «Die
Annahmequote könnte noch deutlich zulegen», meint Analyst Huwald.
Schon auf der regulären Hauptversammlung könnten die Investoren
kurzfristig über die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat
abstimmen lassen. Im Kontrollgremium ist Platz: Auf Drängen von Bain
und Cinven müssen neben dem Vorsitzenden Ferdinand Oetker vier
weitere Mitglieder bis zum 25. September gehen. Von der Kapitalseite
bleibt nur ein Vertreter übrig. Offiziell hat Oetker aus freien
Stücken sein Amt niedergelegt. Er soll aber lange gegen den Verkauf
gewesen sein, auch wenn er dies stets bestritt.
Auf der Hauptversammlung beschlossen werden soll zudem ein neues
Vergütungssystem für den Vorstand, nachdem 2016 ein Vorschlag
durchgefallen war. Das neue System sieht mehr variable Bezahlung für
die Führungsspitze vor. Für Willink und Finanzchef Bernhard Düttmann
wird es nicht gelten, sie haben nur Verträge bis Jahresende. Willink,
der den geschassten Ex-Stada-Chef Matthias Wiedenfels ersetzte,
deutete zwar an, notfalls länger zu bleiben. Doch eine dauerhafte
Lösung für Stada steht noch aus - ausgerechnet in diesen Zeiten.
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