«Science March»: Weltweit Demos für Forschung und gegen Trump geplant Von Christina Horsten, dpa

Den Klimawandel hat US-Präsident Trump einst als «Ente» bezeichnet
und auch sonst scheint er kein Fan der Wissenschaft zu sein. Forscher
weltweit sind besorgt und wollen an diesem Samstag zu Tausenden auf
die Straße gehen - für die Wissenschaft und gegen Donald Trump.

Washington (dpa) - Eine kleine Version des nun anstehenden Protests
gab es schon. Hunderte Forscher demonstrierten Mitte Februar in der
US-Ostküstenstadt Boston gegen US-Präsident Donald Trump und für die

Anerkennung der Wissenschaft. «Steht auf für die Wissenschaft!» oder

«Echte Fakten, falscher Präsident» stand auf ihren Plakaten. An
diesem Samstag sollen es Tausende, vielleicht Zehntausende
Demonstranten in Washington und mehr als 600 Städten auf der ganzen
Welt werden. Dann findet der alljährliche «Earth Day» (Tag der Erde)

zur Stärkung der Wertschätzung von Umwelt und Natur statt, der in
diesem Jahr mit dem «March for Science» (Demonstration für die
Wissenschaft) zum Mega-Event werden soll.

«Der «March for Science» ist der erste Schritt zu einer globalen
Bewegung für die Verteidigung der essenziellen Rolle, die die
Wissenschaft für unsere Gesundheit, Sicherheit, Wirtschaft und
Regierungen spielt», heißt es auf der Webseite der Organisatoren.

Dahinter steht eine Gruppe Wissenschaftler, die sich nach der Wahl
des offen wissenschaftskritischen US-Präsidenten Trump spontan Anfang
des Jahres zusammengefunden hatte und immer weiter wuchs. Mehr als
50 000 Menschen hätten sich bislang als freiwillige Helfer angeboten,

teilen die Organisatoren mit. Trump hatte den Klimawandel einst als
«Ente» bezeichnet und ist dafür bekannt, dass er Wissenschaft
bestenfalls ignoriert, schlimmstenfalls offen ablehnt.

Vorbild für die Demonstration ist der «Women's March on Washington»,

bei dem Ende Januar weltweit Millionen Menschen für Frauenrechte und
gegen Trump protestierten. Auch die Hauptveranstaltung des «March for
Science» wird in Washington am Weißen Haus vorbeiführen. Für
Deutschland sind unter anderem für Berlin, Köln, München, Stuttgart
und Hamburg Demonstrationen angekündigt.

Wissenschaftsfeindlichkeit sei nicht nur in den USA ein Problem,
warnte die deutsche Kommission der UN-Kultur- und
Wissenschaftsorganisation Unesco. «In zahlreichen Ländern ist die
Wissenschaftsfreiheit in Gefahr. Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler werden bedroht, gegängelt und der Wert
wissenschaftlicher Forschung wird grundlegend in Frage gestellt.»

Der niederländische Grünen-Europaabgeordnete Bas Eickhout fürchtet
beispielsweise, dass nicht nur in den USA erneut eine Debatte darüber
ausbricht, ob es den Klimawandel gibt oder nicht. «Die Klimaskeptiker
wachen wieder auf in Europa», sagt er. Dabei brauche es Einigkeit in
der Gesellschaft, um wirksame Politik zu machen.

Das sei gar nicht so ungefährlich, meint der renommierte belgische
Klimawissenschaftler Jean Pascal van Ypersele, auch wenn er Eickhout
zustimmt. Kollegen weltweit hätten auch schon Todesdrohungen
erhalten, wenn sie sich aus der Deckung wagten. Er bedauert, dass es
trotz wachsenden Wissens über den Klimawandel in Europa schwieriger
werde, Gelder für Grundlagenforschung zu bekommen. Es gebe einen
Trend zu verwertbarer Forschung, die Jobs schaffe oder bei der
Entwicklung neuer Produkte helfe.

Natürlich seien auch Nicht-Wissenschaftler zu dem Protest eingeladen,
sagen die Veranstalter. Eine Kleiderordnung gebe es nicht. «Seid
kreativ! Zieht euch an wie euer Lieblingswissenschaftler. Wenn ihr
Wissenschaftler seid, kommt in euren Arbeitsklamotten - Laborkittel,
Schutzbrille, Stethoskop. Oder zieht euch euer gemütliches «Ich bin
bereit, politisch aktiv zu sein, und eine Botschaft über den Bedarf
an Wissenschaft in politischen Richtlinien zu senden»-Outfit an.»

Aber nicht alle Wissenschaftler unterstützen den Protest. Einige
sehen die Motive dahinter als zu liberal, zu politisch links und
Anti-Trump an und warnen vor einer Politisierung der Wissenschaft.
Viele haben auch Sorge, dass, wenn sie sich zu offen äußern, ihre
Forschungsfreiheit und Finanzierung eingeschränkt werden könnte. «Ich

gehe nicht zur Demonstration, weil die Menschen in Amerika
Wissenschaft als extrem links ansehen», sagte etwa Nathan Gardner,
Protein-Forscher an der University of Chicago, dem Fachmagazin
«Nature». «Ich denke, es könnte Wissenschaft leicht politisieren,
denn auch wenn die offizielle Begründung der Motivation der Demo
nicht Anti-Trump ist, scheinen die Demonstranten Anti-Trump zu sein.»

Die Organisatoren dagegen sehen keine Alternative zum Demonstrieren.
«Angesichts eines alarmierenden Trends in Richtung der
Diskriminierung von wissenschaftlichen Konsensmeinungen und der
Einschränkung von Forschung, müssen wir fragen: Können wir es uns
leisten, die Wissenschaft nicht offen zu verteidigen?»

Der «March for Science» soll erst der Anfang sein. «Wir haben nicht
vor, das nach dem 22. April aufzuhören», sagte Wissenschaftlerin
Caroline Weinberg, die dem Organisationskomitee der Proteste
angehört, der «New York Times». «Für mich wäre es ein Versagen,
wenn
diese Bewegung und all die Leidenschaft nach dem 22. April verpufft.»