Bundesrat: Extremen Parteien Geldhahn zudrehen - Mehr fürs Tierwohl
103 Tagesordnungspunkte zum Sitzungsauftakt 2017. Der Bundesrat will
offenbar noch viel abarbeiten, bevor im Wahljahr mit drei Landtags-
und der Bundestagswahl nichts mehr geht.
Berlin (dpa) - Nach dem Scheitern ihres Verbotsantrages vor dem
Bundesverfassungsgericht wollen die Länder der rechtsextremen NPD den
staatlichen Geldhahn zudrehen. Der Bundesrat beschloss am Freitag in
Berlin einstimmig eine Entschließung zum Ausschluss von Parteien mit
verfassungsfeindlichen Zielen von der Parteienfinanzierung und
sonstigen Leistungen. Zu den Entwürfen der künftigen
Bund-Länder-Finanzbeziehung brachte die Länderkammer rund 70
Änderungswünsche vor. Zudem forderte sie die Bundesregierung auf,
endlich mehr für das Tierwohl in der Nutztierhaltung zu tun.
Wichtige Entscheidungen des Bundesrates vom Freitag:
- Abgeschnittene Schnabelspitzen bei Legehennen, millionenfaches
Töten von männlichen Küken, Schlachten hochträchtiger Kühe, Kupie
ren
der Schwänze bei Ferkeln: Der Bundesrat forderte die Bundesregierung
auf, endlich mehr Verantwortung für das Tierwohl in der
Nutztierhaltung in Deutschland zu übernehmen. Die Bundesregierung
setzt aber in erster Linie auf freiwillige Maßnahmen der Tierhalter.
- Bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen pochen die Länder unter
anderem auf klare Vorgaben zur Beteiligung privater Investoren an der
Finanzierung von Autobahnen. Die Finanzbeziehungen sollen ab dem Jahr
2020 neu geordnet werden. Dazu sind mehrere Grundgesetzänderungen
erforderlich. Von 2020 an erhalten die Länder jährlich 9,751
Milliarden Euro vom Bund. Der Bund bekommt dafür mehr
Eingriffsrechte.
- Die Länder forderten die Bundesregierung auf, eine staatliche
Finanzierung verfassungsfeindlicher Parteien künftig zu unterbinden.
Dazu ist eine Grundgesetzänderung nötig. Das Bundesverfassungsgericht
hatte sich Mitte Januar zwar gegen ein Verbot der NPD ausgesprochen,
aber ausdrücklich auf diese Möglichkeit der Parteienfinanzierung
hingewiesen.
- Vier Monate nach dem Sexualmord an einer Freiburger Studentin
fordert Baden-Württemberg einen besseren europaweiten Austausch über
Daten von Straftätern. Der mutmaßliche Täter, ein Flüchtling aus
Afghanistan, soll schon 2013 eine Gewalttat an einer jungen Frau auf
der griechischen Insel Korfu begangen haben. Die deutschen Behörden
wussten nichts davon. Nun soll das zentrale europäische
Strafregisterinformationssystem (ECRIS) erweitert werden.
- Die Polizei soll nach dem Willen von Baden-Württemberg und Bayern
bei Ermittlungen nach schweren Straftaten auch Augen-, Haarfarbe und
Hauttyp per DNA untersuchen dürfen.
- Der Bundesrat hat auch grundsätzlich keine Einwände gegen eine
Ausweitung von Videotechnik. Erleichtert werden soll nach den
Vorstellungen der Bundesregierung Videoüberwachung von öffentlich
Anlagen wie Sportplätzen und Einkaufszentren sowie des Nahverkehrs.
Auch gegen den Einsatz von Bodycams bei der Bundespolizei haben die
Länder keine Einwände.
- Stalking-Opfer sollen künftig besser geschützt und die Täter
leichter verurteilt werden. Bislang war es für die Verurteilung eines
Stalkers notwendig, dass die Nachstellungen das Leben des Opfers
schwerwiegend beeinträchtigt haben - etwa wenn die betroffene Person
deshalb umgezogen ist oder den Job gewechselt hat. Künftig ist
Stalking auch dann strafbar, wenn das Opfer sein Leben trotz der
Nachstellungen nicht geändert hat.
- Der Weg für die Mitte 2018 angestrebte Ausweitung der Lkw-Maut auf
alle Bundesstraßen ist frei. Das gesamte, 39 000 Kilometer lange Netz
soll damit mautpflichtig werden. Bisher wird die Nutzungsgebühr für
Lkw ab 7,5 Tonnen auf den Autobahnen und 2300 Kilometern Bundesstraße
kassiert. Mit der Ausdehnung sollen jährlich bis zu zwei Milliarden
Euro mehr in die Bundeskasse kommen.
- Cannabis auf Rezept wird für Schwerkranke in Deutschland
freigegeben. Die Krankenkassen müssen die Therapie mit getrockneten
Cannabisblüten dann bezahlen. Erwartet ein Arzt eine positive Wirkung
auf Krankheitsverlauf oder Symptome, kann er Cannabis verschreiben.
- Für die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gelten künftig
strengere Regeln. Das umstrittene Selbstverwaltungsstärkungsgesetz
von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht vor, dass das
Aufsichtsrecht seines Ressorts ausgeweitet wird, unter anderem durch
eine «entsandte Person für besondere Angelegenheiten». Anlass für d
ie
Gesetzesinitiative waren Unregelmäßigkeiten und Querelen bei der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
- Schwarzarbeit kann künftig stärker bekämpft werden. Dazu wurden
unter anderem rechtliche Möglichkeiten zu einem besseren
Informationsaustausch geschaffen.
- Der Bundesrat forderte die Bundesregierung auf, zeitnah einen
Gesetzentwurf vorzulegen, der es ermöglicht, Assistenzhunde in das
Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Zudem soll er die rechtlichen
Voraussetzungen dafür schaffen, dass Assistenzhunde im
Schwerbehindertenausweis eingetragen werden können. Für diese Hunde
sollen künftig einheitliche Qualitätsstandards gelten.
Zu Beginn der Sitzung gedachte der Bundesrat der Opfer des
Terroranschlages vom 19. Dezember auf einen Berliner Weihnachtsmarkt,
bei dem 12 Menschen starben. Zudem gedachte die Länderkammer des
gestorbenen ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog.
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