Ina Müller: «Nun rufe ich die Geister selber wieder» Von Dorit Koch, dpa

Lange hat Ina Müller gehofft, dass die Fragen rund ums Kinderkriegen
in Interviews mit ihr aufhören. Nun greift die 51-Jährige nicht nur
in einem Song das Thema auf, sondern jetzt ist auch noch die gerade
mal ein Jahr jüngere US-Sängerin Janet Jackson schwanger.

Hamburg (dpa) - Mit 48 taufte Ina Müller ihr Album kurz und
knapp «48», drei Jahre später nennt die 51-Jährige ihr nächst
es Werk
nun «Ich bin die». Und «die» legt damit 13 neue Stücke vor, a
n denen
sie mit eingeschworenem Team gearbeitet hat. Mit Freund Johannes
Oerding komponierte sie nachts am Küchentisch, mit Texter Frank
Ramond verfasste sie Zeilen über Themen, die Menschen in
ihrem Alter bewegen. Etwa die Frage, wie das eigene Leben mit oder
ohne Kind verlaufen wäre. Darüber sprach sie im Interview der
Deutschen Presse-Agentur ebenso wie über einen Wunsch, den sie sich
in London erfüllt hat: Für einen Sprachkurs drückte sie noch einmal

die Schulbank.

Frage: Wie war es in London? Haben Sie zwei Monate durchgehalten oder
nach einer Woche abgebrochen, wie Sie befürchtet hatten?

Antwort: «Ich habe den Kurs komplett durchgezogen, es war toll. Jeden
Morgen um 7 Uhr aufstehen, zur Schule gehen und dann: «Good Morning,
Mr. Taylor» - ich habe mir da wirklich einen großen Traum erfüllt!
»

Fage: Gab es auch etwas, das Ihnen nicht so gefallen hat?

Antwort: «Ja, die übertriebene Höflichkeit der Engländer ging mir
irgendwann auf die Nerven. Dieses ständige «sorry»! Mir den
Einkaufswagen in die Hacken schieben, aber schon vorher «sorry»
sagen! Ich glaube, «sorry» heißt in England eigentlich «selber
schuld, du blöde Kuh». Aber einmal im Jahr vier Wochen in dieser
Stadt sein - das würde ich künftig schon gerne immer wieder machen.»


Frage: Auf Ihrem neuen Album singen Sie über verpasste Chancen. Gab
es bislang viele davon in Ihrem Leben?

Antwort: «Alle wichtigen Chancen, die sich mir boten und die ich
erkannt habe, habe ich eigentlich genutzt. Glaub ich. Ich bin so oft
abgebogen in meinem Leben, das soll mir erst mal einer nachmachen.» 

Frage: Im Song «Wie Du wohl wärst» geht es darum, wie das Leben mit
Kind wohl verlaufen wäre - eine sehr berührende Ballade.

Antwort: «Ich bemerke bei den Leuten, die den Song hören, eine
gewisse Betroffenheit. Das wollte ich eigentlich gar nicht unbedingt,
sondern viel mehr von dem Moment erzählen, den die meisten Frauen,
die keine Kinder haben, wahrscheinlich auch kennen. Dass man sich ab
und zu fragt: Wie würde es wohl aussehen? Wäre ich mit einem Mann
zusammen geblieben, hätte ich mit ihm Kinder gehabt? Ich glaube auch,
dass Frauen mit Kindern sich andersrum ebenfalls irgendwann fragen,
wie ihr Leben wohl ohne Kind verlaufen wäre.»

Frage: In Interviews wurden Sie auch oft aufs Kinderkriegen
angesprochen.

Antwort: «Ja, und nun rufe ich die Geister selber wieder. Aber das
Lied ist mir sehr wichtig. Ich selber wollte nie Kinder, aber mir ist
aufgefallen, dass sehr viele Frauen zu dem Thema eine Geschichte
haben, das war mir gar nicht so bewusst. Und dann immer die Frage:
Na, wann ist es denn soweit? So etwas kann sicher auch sehr quälen.
Ich selbst habe mich bis zum letzten Album immer gefragt: Wann hören
die auf, zu fragen? Kriegen die eigentlich mit, dass man irgendwann
auch mal zu alt für diese Frage ist? Und ausgerechnet jetzt wird
Janet Jackson mit 50 doch noch schwanger!» 

Frage: Seit langem arbeiten Sie mit denselben Leuten zusammen. Ist
Ihnen ein eingespieltes Team wichtiger als ein frischer Wind?

Antwort: «Ich krieg den frischen Wind zum Glück von den Leuten, die
ich mir schon vor Jahren ausgesucht habe. Meine Musik war ja nie
modernster Radiopop, und wir scheren uns auch nicht um Trends - und
so soll es auch bleiben. Ich möchte lieber den Level halten, zusammen
mit den Leuten, die mir vertraut sind, und mit Texten, die nah an mir
dran sind, und Musik, die ich toll finde.»

ZUR PERSON: Geboren im niedersächsischen Köhlen wuchs Ina Müller mit

ihren vier Schwestern auf einem Bauernhof auf. Sie ließ sich zur
pharmazeutisch-technischen Assistentin ausbilden und arbeitete in
Apotheken, bevor sie plattdeutsch schnackend die Showwelt eroberte:
zunächst als Teil des Kabarett-Duos Queen Bee, später als
TV-Moderatorin und Sängerin.