Das Virus aus dem Zika-Wald Von Henry Wasswa, dpa

Vor dem Ausbruch in Lateinamerika hat kaum ein Mensch je von
Zika-Viren gehört. Entdeckt wurden sie aber schon vor Jahrzehnten: an
einer Forschungsstation in Uganda. Ein Besuch im Zika-Wald.

Entebbe (dpa) - Am Rande des grünen Dickichts weht eine kühle Brise
vom Viktoriasee her. Ein alter Wohnwagen mit platten Reifen und ein
Stahlturm wirken verlassen. Doch das Feldforschungslabor nahe Ugandas
Hauptstadt Kampala ist ins Blickfeld der internationalen Gemeinschaft
gerückt: Es steht im Zika-Wald. Hier wurde das Zika-Virus in den
späten 1940-er Jahren im Blut eines Rhesusaffen entdeckt.

«Diese Forschungsstation ist lange vernachlässigt worden», erklärt

Gerald Mukisa. Im Zuge des aktuellen Zika-Ausbruchs in Lateinamerika
bekomme sie neue Aufmerksamkeit, sagt der 43-jährige Verwalter der
Station. Rund zehn Gehminuten weit führt eine Sandstraße von der
Hauptstraße, die Kampala und den Flughafen in Entebbe verbindet, zu
der seit rund 70 Jahren existierenden Forschungsstation.

«Affen wurden in Käfige in Baumkronen des Zika-Waldes gesetzt»,
erklärt Julius Lutwama vom Uganda Virus Research Institute (UVRI).
Dort wurden die Tiere von Mücken gestochen. «Die Blutproben konnten
regelmäßig eingesammelt und auf das Gelbfiebervirus getestet werden»,

sagt Lutwama. Zur Erforschung dieses Erregers war das UVRI 1936 von
der Rockefeller Foundation gegründet worden.

Bei den Tests fanden die Forscher 1947 ein neues Virus, das nach dem
Wald um die Station herum benannt wurde: Zika. Beide Viren -
Gelbfieber und Zika - werden vorwiegend von Aedes-Mücken übertragen.
Einem Team um den schottischen Forscher Alexander Haddow gelang es,
das Zika-Virus zu isolieren. Die Übertragung auf einen Menschen wurde
erstmals in Tansania nachgewiesen.

In Uganda schenkten die Forscher dem Erreger wenig Beachtung. «Als
wir das Virus hier fanden, gab es nur wenige Betroffene mit mildem
Krankheitsverlauf», sagt Louis Mukwaya, ein Insektenkundler und
Malaria-Forscher am Institut. Sie hätten Symptome ähnlich wie bei
einer Grippe gezeigt, erklärt auch Lutwama. «Sie fühlten sich
fiebrig, schwach, hatten Gliederschmerzen.»

Die heutigen Bewohner des Ortes Ssisa wenige Kilometer südlich des
Zika-Waldes wissen nichts über das Virus. Weder ehemalige Patienten
noch deren Verwandte sind aufzufinden. «Wir haben wirklich nichts von
dieser Krankheit gehört», sagt der 40-jährige Mackson Ssekiwala, der

dort lebt. «Das liegt lange zurück.» Selbst Stationsverwalter Mukisa

hat vor dem Ausbruch in Brasilien nichts von dem Zika-Virus gewusst.
Er habe erst aus dem Internet darüber erfahren, sagt er.

Im Frühjahr 2015 waren die ersten Fälle eines Zika-Ausbruchs in
Brasilien erfasst worden. Seither gab es nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) in mehr als 60 weiteren Ländern
Nachweise für die Übertragung des Zika-Virus durch Mücken. Im Sommer

bestätigten Behörden des US-Bundesstaats Miami eine Ausbreitung des
Virus. Auch aus einigen Regionen Südostasiens wurden Fälle gemeldet.

Es gilt als erwiesen, dass eine Zika-Infektion bei schwangeren Frauen
zu schweren Schädelfehlbildungen (Mikrozephalie) ihrer Ungeborenen
führen kann. Bei den meisten Infizierten allerdings verursacht das
Virus wie in Uganda keine oder nur milde Symptome. Das Risiko, dass
es auch in Afrika vermehrt zu Infektionen mit dem Virus kommen
könnte, bestehe - etwa, wenn vermehrt Wälder abgeholzt würden, sagt
Lutwama. Dies würde Stiche der dort lebenden Überträgermücken
wahrscheinlicher machen, fürchtet er.