Digitalisierung belastet Familienleben und Gesundheit

Überall Computer und Smartphones - überfordert die Technik die
Menschen? Zumindest besteht ein hohes Risiko dafür, aber es kann auch
besser laufen.

Berlin (dpa) - Durch Digitalisierung und ständige Erreichbarkeit
riskieren Arbeitnehmer laut einer neuen Studie ihre Gesundheit und
ein harmonisches Familienleben. Viele vor allem Jüngere sehen neue
Techniken im Job aber auch positiv. Das zeigt eine am Dienstag in
Berlin vorgestellte Studie der Universität St. Gallen.

Jeder vierte Arbeitnehmer fühlt sein Privat- und Familienleben durch
seine Arbeitsanforderungen beeinträchtigt. Bei Menschen, die nach
eigenen Angaben unter Digitalisierung leiden, sind es 39 Prozent.
Digitalisierung berge auch Risiken für Leiden wie Burnout
oder Kopfschmerzen, sagte Studienleiter Stephan Böhm. Die Studie
entstand im Auftrag der Krankenkasse Barmer GEK in Kooperation mit
der Zeitung «Bild am Sonntag». 

«Zwischen der Anzahl der Krankentage und dem Grad der Digitalisierung
von Unternehmen besteht nur ein geringer Zusammenhang», so die
Studie. Digitalisierung sei kein Schreckgespenst, könne aber etwa
emotionale Erschöpfung deutlich steigern, erläuterte Böhm. Vor alle
m
wenn Digitalisierung, die Angst vor Jobverlust und eine schlechte
Beziehung zum Chef zusammenkommen, dann sei der Druck auf die
Betroffenen groß. Viele wollten dann möglichst durchgängig im Job
präsent sein.

Technologie-Optimismus gibt es laut Studie vor allem bei den
Jüngeren: 59 Prozent der unter 30-Jährigen sagen, dass die
Technologie sie im persönlichen Leben produktiver macht - aber nur 46
Prozent der über 60-Jährigen. Doch Segen und Fluch liegen nah
beieinander: Die Jungen sehen sich stärker gezwungen, schneller zu
arbeiten (21 Prozent) und klagen darüber, mehr Arbeit verrichten zu
müssen als eigentlich möglich (16 Prozent).

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mahnte, man müsse lernen, mit
Smartphone und anderer Technik umzugehen - also auch die Geräte öfter
einmal wegzulegen. Die Wirtschaft müsse den Beschäftigten auch
ermöglichen, ihre Arbeitszeit weniger starr einzuteilen: «Ich glaube,

wir können mehr selbstbestimmte Arbeitszeit ermöglichen.» Die
SPD-Politikerin will im November ein Weißbuch zum Thema Arbeiten 4.0
vorlegen, also zum Arbeiten in der Digitalära - auch mit «einigen
konkreten Vorschlägen» etwa zur Alterssicherung in der Digital-Ära,

wie sie ankündigte.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte, Risiken für die
Gesundheit durch digitale Arbeit einzudämmen. DGB-Vorstandsmitglied
Annelie Buntenbach sagte der Deutschen Presse-Agentur, es
brauche einen politischen Gestaltungsrahmen, «der neue Freiheiten
ermöglicht und gleichzeitig ausreichend Schutz für die Gesundheit
bietet». Die SPD-Sozialpolitikerin Katja Mast mahnte: «Es darf nicht

dazu kommen, dass Freiräume und Erholungsmöglichkeiten in der
Freizeit verloren gehen.»