Stada vor ungewisser Zukunft - Fonds kippt Aufsichtsratschef Von Christian Ebner, dpa, und Nadine Murphy, dpa-AFX
Beim Pharma-Hersteller Stada ist die Palastrevolution teilweise
gelungen. Mit nur rund 7 Prozent der Stimmen schaffte es der Investor
AOC, den Aufsichtsratschef Abend in die Wüste zu schicken. Das wird
Folgen für den M-Dax-Konzern haben.
Frankfurt/Main (dpa) - Mit der Abwahl des Aufsichtsratschefs Martin
Abend steht der Pharma-Hersteller Stada vor einem Umbruch. Mit einem
Stimmenanteil von nur rund 7 Prozent ist es dem Großaktionär Active
Ownership Capital (AOC) gelungen, wesentlichen Einfluss auf die
ehemalige Apotheker-Genossenschaft zu erlangen.
Die in Deutschland beispiellose Attacke konnte aber nur gelingen,
weil bei dem M-Dax-Konzern aus Bad Vilbel vieles im Argen lag.
«Gehaltsexzesse und Vetternwirtschaft» waren einige der Vorwürfe. Ob
der letzte unabhängige Hersteller von Nachahmermedikamenten in
Deutschland nun zerschlagen wird, blieb unklar.
Erst nach 13 Stunden stand fest: Abend muss gehen, was im AOC-Lager
zu lautem Jubel führte. Die Luxemburger konnten ihrerseits aber mit
dem Schweizer Eric Cornut nur einen ihrer vier Kandidaten im
Kontrollgremium unterbringen - und ihn auch nicht wie geplant zum
Vorsitzenden des Kontrollgremiums machen. Nachfolger Abends wurde
stattdessen der bisherige Vize Carl Ferdinand Oetker.
Stada befindet sich komplett im Streubesitz und war daher ein
vergleichsweise leichtes Ziel für die Attacke: Gut zwei Drittel der
62,3 Millionen Aktien des hessischen Pharmaherstellers halten nach
Unternehmens-Angaben diverse institutionelle Anleger mit AOC an der
Spitze. Der Rest liegt bei privaten Investoren, zehn Prozent besitzen
traditionsbewusste Apotheker und Ärzte. Die genaue Aufteilung ist
nicht bekannt, auch nicht der exakte Anteil der AOC. Laut einer
Stimmrechtsmitteilung von Anfang April hatte der in Luxemburg
beheimatete Fonds seinerzeit Zugriff auf etwa 7 Prozent der Anteile,
direkt sowie über Optionen.
Der AOC und ihren Aufsichtsratskandidaten schlug von anderen
Aktionären deutliches Misstrauen entgegen: Drei der Manager inklusive
Cornut haben eine berufliche Vergangenheit beim Schweizer
Pharma-Riesen Novartis, einer dieser drei hat fast sein ganzes
Berufsleben für die Gründer des Generika-Herstellers Hexal, die
Brüder Strüngmann, gearbeitet. Nach dem Verkauf an Novartis sammeln
sie etliche Investments in der Biotech- und Gesundheitsbranche.
AOC trete als «selbst ernannter weißer Ritter mit geschlossenem
Visier» auf, sodass nicht einmal ausgeschlossen werden könne, dass
dahinter ein Konkurrent stehe, sagte Peter Barth, Vertreter der
Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Man wolle Stada nicht zerschlagen, beteuerten die AOC-Gründer Klaus
Röhrig und Florian Schuhbauer mehrfach. Als langfristiger
Ankerinvestor und aktiver Eigentümer wolle man das Unternehmen in
eine bessere Zukunft führen, erklärte Schuhbauer. AOC habe dafür
bereits Massenentlassungen vorgeschlagen, ließ Vorstandschef Matthias
Wiedenfels allerdings sofort wissen.
Der 43-Jährige hat in den wenigen Wochen seiner Amtszeit einige
Verbesserungsmöglichkeiten für das Unternehmen aufgezeigt.
Markenartikel wie das Grippemittel Grippostad oder die
Sonnenpflegeserie Ladival sollen auf möglichst vielen Märkten
angeboten werden, neue Chancen bieten Nahrungsergänzungsmittel und
Schönheitsprodukte. «Unsere Planungen sind nicht weit von den
Vorstellungen des Vorstands entfernt», meinte dazu AOC-Mann Röhrig.
Viel war bei der Hauptversammlung von Corporate Governance die Rede,
den Regeln für gute Unternehmensführung. Hier hat Stada in den
vergangenen Jahren unter Abends Aufsicht große Angriffsflächen
geboten. Der im Sommer mit Millionenabfindung abgetretene Stada-Chef
Hartmut Retzlaff gehörte trotz der vergleichsweise geringen Größe
seines Unternehmens zu den bestverdienenden Vorstandschefs in
Deutschland, seine Pensionsansprüche wurden erst oberhalb von 30
Millionen Euro gekappt, während sein Sohn Steffen innerhalb des
Unternehmens eine außergewöhnlich schnelle Karriere hinlegte. Die
Stada-Aktionäre hatten die Nase voll und lehnten mit einer Mehrheit
von knapp 75 Prozent ein neues Vergütungssystem für den Vorstand ab.
Möglicherweise aus Selbstschutz ließ selbst Abend durchblicken, dass
er sich gegen den «Stada-Sonnenkönig» nicht immer durchsetzen konnte.
In der Folge erregten sich am Freitag auch Kleinaktionäre über die
alte Führung, die insbesondere in Serbien und Russland besonders
riskante Auslandsunternehmungen gestartet hatten, die in den
vergangenen Jahren für kräftige Verluste gesorgt hatten. «Dass man in
Russland kein Geld verdienen kann, weiß jeder, nur sie nicht»,
schmetterte ein erregter Kleinaktionär dem verbliebenen Restvorstand
und Aufsichtsrat entgegen. Die AOC-Angreifer erhielten für ihre
Kritik an Vetternwirtschaft und der schleppenden Geschäftsentwicklung
dann auch häufiger starken Beifall.
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