Resilient werden - und Stress einfach weglächeln Von Peter Zschunke, dpa

Im Urlaub können Kraftreserven für den Alltag neu aufgetankt werden.
Wie aber funktioniert das genau? Und können wir das lernen? Diese
Fragen erforscht das Deutsche Resilienz-Zentrum in Mainz.

Mainz (dpa) - Dauernder Stress macht krank - es gibt aber auch Leute,
denen macht das gar nichts aus. Was ist die neurobiologische
Grundlage dafür? Diese Frage lässt den Resilienzforscher Beat Lutz
nicht mehr los. Gemeinsam mit Forschern unterschiedlicher Disziplinen
gründete er vor zwei Jahren das Deutsche Resilienz-Zentrum (DRZ) in
Mainz. Es ist den Angaben zufolge das einzige Forschungszentrum in
Deutschland zur seelischen Widerstandskraft gegen Stress.

Positiv zu denken ist nach Einschätzung des Wissenschaftlers
wahrscheinlich einer der Faktoren, der verhindert, dass Menschen bei
Stress vulnerabel, also verletzlich reagieren. So lautet der
Gegenbegriff zu resilient, wo psychische und neurologische
Schutzmechanismen gegen Stress aktiv werden.

Den entsprechenden Abläufen im Gehirn widmet sich der 55-jährige
Biochemiker schon seit Jahren. Etwa der Frage, wie das Gedächtnis
funktioniert und wie der Körper Stress verarbeitet. Etliche Faktoren
zur Förderung von Resilienz wurden bereits identifiziert, zum
Beispiel Charaktereigenschaften, kognitive Fähigkeiten oder
auch soziale Unterstützung. «Wir wollen ein Framework entwickeln,
welches nicht eine Liste von Resilienzfaktoren beschreibt, sondern
ein System in die Forschung bringt, in dem generell wirksame
Resilienzmechanismen beschrieben werden sollen», erklärt Lutz.

Der Direktor des Instituts für Physiologische Chemie an der
Universitätsmedizin Mainz forscht seit etwa 15 Jahren über
Endocannabinoide: Das sind körpereigene Botenstoffe, die ähnlich wie
Haschisch wirken und im Gehirn Schutzmechanismen aktivieren können -
etwa indem sie Reaktionen dämpfen und so eine Balance zwischen
unterschiedlichen Erregungszuständen herbeiführen. Sie können auf
diese Weise auch ein Faktor für die Resilienz sein.

Das Resilienz-Zentrum ist bislang ein Verbund von Forschern
verschiedener Disziplinen. Im Mai billigte die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) einen neuen Sonderforschungsbereich zur
Resilienz-Forschung mit Fördermitteln von 12,1 Millionen Euro für
vier Jahre. Schon im Titel des Programms unter Federführung von
Professor Lutz wird die Aufgabe genannt: «vom Verstehen der
Mechanismen zum Fördern der Prävention». Neben den Mainzer Forschern

wirken auch Wissenschaftler der Frankfurter Goethe-Universität und
des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung mit.

«Prävention statt Therapie ist unser Anliegen», sagt Lutz. «Wir
wollen Probleme erkennen, bevor sie zum Ausbruch kommen.» Angesichts
der hohen Kosten von stressbedingten Erkrankungen wie
Burnout-Syndrom, Angstzuständen und Depressionen wäre es
volkswirtschaftlich sinnvoll, rechtzeitig vorzubeugen. «Resilienz ist
nicht in die Wiege gelegt», sagt Lutz. «Das ist ein dynamischer
Prozess, das kann man lernen.»

Methodisch nähern sich die Forscher dem Geheimnis der Resilienz auf
verschiedenen Wegen. In einer jetzt beginnenden Langzeitstudie werden
rund 1200 Menschen über mindestens vier Jahre hinweg begleitet, um
ihre Stresserfahrungen im realen Leben zu erfassen und zusammen mit
psychologischen und neurologischen Faktoren zu analysieren.

Auch Tierversuche gehören zum Instrumentarium der Forscher - etwa mit
einem Zebrafisch, der simulierten Vogelangriffen ausgesetzt wird,
oder einer Maus, die mit Attacken eines stärkeren Artgenossen
gestresst wird. Dabei kann untersucht werden, ob einzelne Gene,
neuronale Netzwerke oder bestimmte Neurotransmittersysteme als
Überträger von Informationen Resilienz unterstützen.

Die Erforschung von Resilienz wird im neuen Schuljahr auch Thema für
zwei Gymnasien in Bad Dürkheim und Nieder-Olm sein. Die Schülerinnen
und Schüler könnten so mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut
werden, erklärt Sandra Volz, Lehrerin am Werner-Heisenberg-Gymnasium
in Bad Dürkheim. Die eigene Resilienz zu stärken, sei kein erklärtes

Ziel des Projekts. «Sehr wohl kann aber ein Einblick in diese
Thematik zu einer Beschäftigung mit der eigenen Person führen und den
Blick für die eigenen Stärken schärfen.»

Im Arbeitsleben muss sich Resilienz etwa bewähren, «wenn ein Chef die
Untergebenen sehr traktiert und großen Stress macht», erklärt
Wissenschaftler Lutz. «Dann haben wir dieselbe Situation wie bei den
Mäusen - es ist klar, dass man dann einen solchen Chef meidet und
nichts mit ihm zu tun haben will.»