Missbrauch in Kinderheim - Lange Haftstrafe für Pädagogen Von Peer Körner, dpa
In einem kleinen Kinderheim im Kreis Lüneburg sind über Jahre hinweg
Jungen missbraucht worden. Das Gericht hat den früheren pädagogischen
Leiter zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Junge hatte
ausgepackt - die Staatsanwaltschaft geht von viel mehr Taten aus.
Lüneburg (dpa/lni) - Sechs Jahre Haft für den früheren pädagogische
n
Leiter eines Kinderheims für milieugeschädigte und traumatisierte
Kinder: Dazu hat das Landgericht Lüneburg den Mann am Donnerstag
verurteilt. Das Gericht befand den 47-Jährigen des schweren sexuellen
Missbrauchs eines Kindes und eines Jugendlichen für schuldig. Die
Kammer verhängte für die Zeit nach der Haft eine Führungsaufsicht,
weil von dem Mann wegen seiner Pädophilie eine «gewisse
Gefährlichkeit» ausgehe.
Der Pädagoge missbrauchte zwischen 2005 und 2015 in der kleinen
ländlichen Einrichtung im Kreis Lüneburg zwei Jungen im Alter
zwischen 12 und 14 Jahren. Der 47-Jährige gestand zwar den
Missbrauch, machte aber andere Angaben zum zeitlichen Ablauf - danach
wäre eines der Opfer nicht mehr unter 14 Jahren gewesen. Die Angaben
konnten nicht widerlegt werden, das Verfahren wurde in 9 von 49
Fällen eingestellt.
Der ältere der beiden Jungen, mittlerweile 23 Jahre alt, hatte das
Verfahren ins Rollen gebracht, als er während einer Therapie den
Ärzten von seiner Geschichte erzählte. Am Donnerstag zahlte der
Angeklagte 4000 Euro Schmerzensgeld an den jungen Mann, der als
Nebenkläger auftrat. Der Missbrauch in dem Heim habe vermutlich
bereits Ende der 90er-Jahre begonnen, sagte dessen Anwältin. Ihr
Mandant war erst 2001 auf den Hof gekommen.
«Man muss sagen: Das ist die Spitze des Eisbergs hier», sagte der
Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Wahrscheinlich habe es viel mehr
Straftaten gegeben. Einige Festplatten habe man bislang nicht
entschlüsseln können, der Angeklagte habe die Passwörter nicht
preisgeben wollen. Der 47-Jährige soll an den Jungen Oralverkehr
praktiziert und sie massiert haben. Das sah das Gericht auch durch
die Fotos als bewiesen an.
Der Angeklagte hatte das Heim Ende der 90er Jahre mit seiner
Lebensgefährtin gegründet. Laut Leitbild ging es auf dem idyllisch
gelegenen Hof um eine familiäre Gemeinschaft mit den beiden
Hauseltern als Bezugspersonen. Er habe nur helfen und Gutes tun
wollen, hatte der 47-Jährige erklärt. Es sei ihm um «Freude an der
körperlichen Begegnung» gegangen, um eine befreite Sexualität und
«gegenseitiges Beglücken». Erst in der U-Haft habe er seine Ansichten
überdacht. Er entschuldigt sich bei den Opfern und nannte dabei vier
Namen, angeklagt war aber nur der Missbrauch von zwei Jungen.
Das Heim verfügt laut Landessozialamt über sieben Plätze, von denen
derzeit fünf belegt sind. «Die Heimaufsicht des Landesjugendamtes ist
eng an der Angelegenheit dran und wird prüfen, ob der Trägerverein
noch weiterhin die Voraussetzungen für die Trägerschaft der
Einrichtung erfüllt», sagte Sprecher Reiner Bucksch. Dem Hof drohe
die Schließung, hieß es von der Verteidigung.
Und es drohen weitere juristische Folgen: Auch gegen die
Lebensgefährtin des Mannes wird ermittelt, sagte eine Sprecherin der
Staatsanwaltschaft Lüneburg. «Es gibt Indizien, dass sie
möglicherweise etwas von dem Missbrauch gewusst hat.»
Offen blieb zunächst, ob die Verteidiger Revision einlegen werden.
Der Nebenkläger wirkte dagegen sichtlich erleichtert. «Es ist gut,
dass das Verfahren zu Ende ist, auch wenn das Strafmaß nicht ganz
unseren Vorstellungen entspricht», sagte seine Anwältin Petra
Dervishaj.
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