Bundesminister mit Doktortitel - Plagiatsverdacht mehrfach bestätigt Von Werner Herpell und Michael Kirner, dpa
Berlin (dpa) - Plagiatsvorwürfe haben in den vergangenen fünf Jahren
mehrere Politiker schwer in Bedrängnis gebracht, darunter
Bundesminister. In zwei besonders prominenten Fällen führten die
Nachforschungen zum Verlust des Doktortitels und zum Rücktritt aus
wichtigen politischen Ämtern. Drei heutige Mitglieder des
Bundeskabinetts kamen glimpflicher davon. In der schwarz-roten
Regierungsmannschaft tragen derzeit acht Politiker einen Doktortitel,
darunter Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
- TITELVERLUST UND RÜCKTRITT
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU/Jura): Etliche Passagen fremder
Autoren in der Doktorarbeit «Verfassung und Verfassungsvertrag» des
damaligen Verteidigungsministers sorgten im Februar 2011 für
Aufsehen. Wenig später erkannte die Universität Bayreuth dem
aufstrebenden Politiker den Titel ab. Nach Protesten der Opposition
und aus der Wissenschaft trat Guttenberg am 1. März 2011 als Minister
zurück. Die Uni erklärte in ihrem Abschlussbericht, er habe für
seinen 2007 erworbenen Doktortitel vorsätzlich getäuscht.
Annette Schavan (CDU/Erziehungswissenschaften): Wenige Tage nach dem
Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf trat die
damals weithin anerkannte Bundesbildungsministerin am 9. Februar 2013
zurück. Die Hochschule war zu dem Ergebnis gekommen, dass die
CDU-Politikerin gut 30 Jahre zuvor «systematisch und vorsätzlich über
die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die
sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte» (Titel der
Doktorarbeit: «Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen,
Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung»).
Schavans Klage wies das Bundesverwaltungsgericht im März 2014 zurück.
- KEIN TITELVERLUST UND KEIN RÜCKTRITT
Frank-Walter Steinmeier (SPD/Jura): Vorwürfe gab es auch gegen die
Arbeit «Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur
Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit» des heutigen
Außenministers. Die Uni Gießen stellte in seinem Fall im November
2013 «weder eine Täuschungsabsicht noch ein wissenschaftliches
Fehlverhalten» fest.
Gerd Müller (CSU/Philosophie): Eine Enthüllungsplattform machte im
April 2014 Vorwürfe gegen die Dissertation «Die Junge Union Bayern
und ihr Beitrag zur politischen Jugend- und Erwachsenenbildung»
öffentlich. Die Uni Regensburg nahm sich des Verdachtsfalls an, sah
aber «keine Notwendigkeit, ein förmliches Vorprüfungsverfahren zu
eröffnen. Die Überprüfung durch den Ombudsmann erbrachte keine
Hinweise darauf, dass die 1987 vorgelegte Dissertation von Gerhard
Müller gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis
verstößt», hieß es schon zwei Wochen nach Bekanntwerden des Falls.
Ursula von der Leyen (CDU/Humanmedizin): Nach monatelanger Prüfung
bestätigte die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Anfang März den
Doktortitel der Verteidigungsministerin trotz handwerklicher Fehler.
An einigen Stellen habe von der Leyen Texte anderer Wissenschaftler
übernommen, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen. «Es geht um
Fehler, nicht um Fehlverhalten», und es habe keine Täuschungsabsicht
vorgelegen. Die medizinische Dissertation trägt den Titel
«C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines
Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und
therapeutischen Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung».
- AUSSERDEM MIT DOKTORTITEL AM BERLINER KABINETTSTISCH
Barbara Hendricks (SPD/Sozialwissenschaften): Dissertationstitel «Die
Entwicklung der Margarineindustrie am unteren Niederrhein»
Thomas de Maizière (CDU/Jura): Dissertationstitel «Die Praxis der
informellen Verfahren beim Bundeskartellamt - Darstellung und
rechtliche Würdigung eines verborgenen Vorgehens»
Angela Merkel (CDU/Physik): Dissertationstitel «Der Einfluß der
räumlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei
bimolekularen Elementarreaktionen in dichten Medien»
Wolfgang Schäuble (CDU/Jura): Dissertationstitel «Die
berufsrechtliche Stellung der Wirtschaftsprüfer in
Wirtschaftsprüfergesellschaften»
Johanna Wanka (CDU/Mathematik): Dissertationstitel «Lösung von
Kontakt- und Steuerproblemen mit potential-theoretischen Mitteln»
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