Früher Gewissheit: HIV-Test-Ergebnis jetzt schon nach sechs Wochen Von Sophie Rohrmeier, dpa
Ungeschützter Sex, ein Stich mit einer Nadel - und die Angst vor dem
Aidserreger ist da. Bisher musste man drei Monate warten, um sich
testen lassen zu können. Jetzt geht es deutlich schneller.
Berlin (dpa) - Sechs Wochen Angst statt drei Monate: Ein HIV-Test
kann in Deutschland jetzt schon deutlich früher Sicherheit liefern.
Es gelten nun entsprechende Leitlinien, wie die Deutsche Aids-Hilfe
am Freitag mitteilte. «Bisher hat man den Leuten gesagt: Ihr müsste
drei Monate warten, sonst ist es nicht sicher», sagte Holger Wicht,
Sprecher der Deutschen Aids-Hilfe. Die Zahl der Viren und Antikörper
nimmt erst allmählich zu. Nun aber verkürzten die zuständigen
medizinischen Fachgesellschaften die erforderliche Frist.
«Das ist für viele Menschen eine Erleichterung und kann zum Test
motivieren», sagt Armin Schafberger, Medizinexperte der Deutschen
Aids-Hilfe. Grund für das kürzere Zeitfenster zwischen einer
Risikosituation und einer Diagnose ist ein empfindlicheres und
kombiniertes Verfahren sowie mehrere Überprüfungen dieses Tests.
Dieser Ag-Ak-Kombinationstest prüft auf Antigene (Ag) und Antikörper
(Ak). Er weist Antikörper im Blut früher und sicherer nach als ältere
Versionen. Zusätzlich kann er ein Antigen anzeigen: das Protein p24
des Aidserregers. Es ist nur vorübergehend zu finden - aber schon
nach ungefähr zwei bis drei Wochen nach einer Infektion.
Diese Tests sind allerdings nicht neu. Sie sind laut Deutscher
Aids-Hilfe seit 1997 auf dem Markt, und fast alle Labors verwenden
sie inzwischen. Neu ist aber: Menschen, die sich auf das HI-Virus
testen lassen wollen, können das jetzt früher tun.
«Die drei Monate Frist, die bisher galten, waren einfach ein
Sicherheitsfaktor», sagt der Virologe Jörg Hofmann vom Berliner
Uniklinikum Charité. «Man möchte natürlich sicher sein, dass der Te
st
niemanden als HIV-negativ ausweist, der sich doch angesteckt hatte -
nur, weil man zu früh getestet hat.» Es hätten erst genügend
Untersuchungen zeigen müssen, dass der Test bei der Mehrheit der
Menschen schon nach sechs Wochen funktioniert.
Mit ihrer Stellungnahme folgen die Deutsche Vereinigung zur
Bekämpfung von Viruskrankheiten (DVV) und die Gesellschaft für
Virologie (GfV) den europäischen Richtlinien, die schon vor einem
Jahr geändert worden waren. In Großbritannien wurde die
Diagnose-Frist für den Kombi-Test sogar auf vier Wochen verkürzt.
In Deutschland ändert sich nach der Stellungnahme der DVV und GfV
allerdings noch etwas. Schlägt der Kombi-Test an, können Betroffene
auch schneller eine Bestätigung bekommen als bislang.
Wenn der erste Test Hinweise auf eine Infektion liefert, ist nicht zu
erkennen, ob er auf Antikörper reagierte oder auf das Antigen, das
noch vor Bildung der Antikörper vorhanden ist. Ist es das Antigen,
kann es das bisher vorgegebene Bestätigungsverfahren - der
Western-Blot-Test - nicht erkennen. Die Menschen mussten also in
Unsicherheit warten, bis auch Antikörper nachgewiesen werden konnten.
Es gibt allerdings eine Methode, die ein Ergebnis auch ohne
Antikörper bestätigen kann: der Erbgutnachweis (per PCR). Bleibt der
Western-Blot-Test negativ, soll jetzt nach den neuen Leitlinien ein
Erbgut-Nachweis gemacht werden. Zwar ist das schon gängige Praxis:
Viele Ärzte haben nach einem reaktiven Suchtest gleich einen solchen
Test veranlasst, heißt es im aktuellen Aids-Report der Deutschen
Aids-Hilfe. «Das hat aber bisher auf den Meldebogen nicht gegolten»,
sagt Schafberger. «Man will aber die Infektion gleich dem Robert
Koch-Institut melden und dem Patienten gleich ein sauberes Ergebnis
geben.»
Ungewissheit ist belastend. «Deshalb ist es psychologisch gut, wenn
man früher Bescheid weiß», sagt Klaus Überla, Leiter des
Virologischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen. Er weist
noch auf eine weitere Erleichterung für Patienten hin: Eine Probe
soll jetzt für beide Tests, den Suchtest und die Bestätigung,
genommen werden. «Dann muss der Betroffene nicht noch mal
angeschrieben werden, noch einmal Blut abgeben.»
Für HIV-Schnelltests und ältere Test-Versionen bleibt es allerdings
bei einem diagnostischen Fenster von zwölf Wochen. Die DVV und die
GfV machen außerdem zwei Ausnahmen bei der kürzeren Frist: Sie gilt
nicht für Menschen, die eine Infektion mit einer seltenen
HIV-Variante haben, nämlich HIV-1 Gruppe 0 oder HIV-2. Und auch wer
bereits eine Immunsuppression oder einen Immundefekt mit
Antikörperbildungsstörung hat, kann sich nicht schon nach sechs
Wochen auf den Test verlassen.
Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts lebten 2013 rund
80 000 Menschen in Deutschland mit HIV oder Aids und etwa 14 000
hatten das Virus, ohne davon zu wissen. Der erste HIV-Test wurde im
Januar 1985 in den USA patentiert und wenige Monate später in
Deutschland zugelassen.
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