Mückenatlas: Forscher fahnden nach neuen Stechmückenarten Von Gisela Gross, dpa
Bald geht die Blutsauger-Saison wieder richtig los: Wer gerne Mücken
jagt, kann das inzwischen auch im Dienst der Wissenschaft tun. Vor
allem Exoten haben Experten im Blick.
Berlin (dpa) - Hauchdünne Beinchen, bräunliche Borsten und ein fieser
Saugrüssel zum Stechen: Bis zu 50 Mücken verschiedener Arten landen
im Sommer pro Tag bei Doreen Werner im Labor - tot in der Post.
Bürger unterstützen die Arbeit der Biologin, indem sie ihr erlegte
Mücken schicken, in Einmachgläsern, Schächtelchen oder Küchenkrep
p.
Wichtig: Intakt, etwa im Tiefkühlfach eingefroren, statt zerquetscht
sollten die Mücken sein. Denn die Experten um Werner in Müncheberg in
Brandenburg wollen unter dem Mikroskop die jeweilige Art bestimmen.
All das kommt dem sogenannten Mückenatlas zugute: Doreen Werner
leitet das 2012 gestartete Projekt. Weitere Förderung dafür kommt in
den kommenden drei Jahren von der Bundesanstalt für Landwirtschaft
und Ernährung.
Einen Überblick zu gewinnen über die Verbreitung von Mückenarten
in
Deutschland ist eines der Ziele des Teams am Leibniz-Zentrum für
Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Kollegen des
Friedrich-Löffler-Instituts. Experten gehen von rund 50 Arten von
Stechmücken hierzulande aus.
Allein für 2014 hat Werners Team bundesweit mehr als 1250
Mücken-Fangorte mit Datum und Art auf einer Online-Karte verzeichnet.
Seit Projektbeginn 2012 schickten Bürger mehr als 25 000 Mücken m
ehr
als 40 verschiedener Arten ein. «Jede Mücke landet in der
Referenzsammlung», sagt Werner. Mit deren Hilfe könnten eines Tages
weitergehende Untersuchungen zu Mücken aus bestimmten Regionen
gemacht werden.
Richtig los geht es für die Forscher im Juni und Juli. «Bisher ist
die Mückensaison lau. Wenige, manchmal keine, sind uns bisher in die
Fallen gegangen», sagt der Parasitologe Egbert Tannich vom Hamburger
Bernard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). «Für die
Larvenentwicklung im Wasser braucht es bestimmte Temperaturen, noch
ist es zu kalt.»
Exoten gehen Bürgern wie Profi-Forschern immer wieder mal ins Netz:
etwa die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus), die sich seit
einigen Jahren vor allem in westdeutschen Bundesländern ausbreitet.
Noch nicht umfassend angesiedelt hat sich die Asiatische
Tigermücke (Aedes albopictus), die warme Temperaturen liebt. Einzelne
Exemplare mit den charakteristisch schwarz-weißen Beinchen hat Werner
allerdings 2014 aus dem Raum Freiburg in Baden-Württemberg
zugeschickt bekommen. Ob Mücken dieser Art oder ihre Eier vielleicht
überwintert haben?
Das will Werner im Sommer mit mindestens 500 Fallen prüfen, auf denen
Mückenweibchen ihre Eier ablegen können. Hinzu kommen zehn
Lebendfallen. «Die Bürger-Hinweise waren genial für uns, weil wir
jetzt gezielt suchen können», sagte Werner. Auf diese Weise muss sie
auch ausschließen, dass Urlaubsmitbringsel als deutscher Fang
deklariert wurden. Ergebnisse gebe es frühstens Ende August.
Auch die Forscher um Tannich betreiben mit Partnern rund 150 Fallen
in Deutschland. Im Blick haben sie ebenfalls die Tigermücke, die in
anderen Ländern das Dengue- und das Chikungunya-Fieber übertragen
kann. Spezielle Fallen haben sie entlang von Autobahnen aufgestellt.
«Tigermücken kommen immer wieder in Autos über die Alpen und werden
an Raststätten freigesetzt», sagt Tannich. Die Mücke selbst könne d
en
deutschen Winter schwerlich überstehen, glaubt er. Ihre Eier an
geschützten Orten hingegen schon. «Die Mücken haben dann einen früh
en
und guten Start in die Saison. So können mehr Nachkommen entstehen,
als wenn ein Exemplar spät im Jahr aus Italien mitgebracht wird.»
Sollte das passieren, wollen es die Wissenschaftler so früh wie
möglich mitbekommen. Sie setzen auf ausgetüftelte Fallen - nicht jede
Mücke reagiere auf jedes Lockmittel. Verschiedene Mischungen aus
Duftstoffen und Kohlendioxid sollen die Plagegeister anlocken.
Für Laien dürfte der Mücken-Fang schwieriger sein, doch der
Forscherdrang überwiegt offenbar bei vielen. Der Direktor des
Potsdamer Naturkundemuseums Detlef Knuth etwa erzählt, dass er vor
allem Mücken aus Gebieten mitbringe, in die sonst kaum jemand komme.
Die Regionen an der Elbe und der Oder und das an Gewässern reiche
Brandenburg seien wichtige Areale für die Forschung - auch, da sich
dort Entwicklungen aus Osteuropa zuerst bemerkbar machten, sagt er.
Die diesjährige Mückensaison jedenfalls könnte relativ harmlos
werden, vorausgesetzt, es bleibt kühl und trocken. Entscheiden werde
sich das aber erst in den nächsten Wochen, sagt Egbert Tannich.
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