Vertrauliche Geburt wird gut angenommen: Dünnes Band zur Mama bleibt Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Bringt eine Frau ihr Kind heimlich zur Welt bringt, dann tut sie dies
meist ohne ärztliche Hilfe. Seit einem Jahr haben Schwangere in Not
die Möglichkeit, sich für eine fast-anonyme Geburt im Krankenhaus zu
entscheiden. Die umstrittenen Babyklappen gibt es trotzdem noch.
Berlin (dpa) - Gewalttätige Väter, Vergewaltigung, Überforderung -
jede Frau, die ihren Säugling weggibt, hat dafür gravierende Gründe
.
Diese Bilanz ziehen Fachleute ein Jahr nach Inkrafttreten des
Gesetzes zur «vertraulichen Geburt». Das Gesetz ermöglicht
Schwangeren in Not eine «halb-anonyme» Geburt im Krankenhaus. Das ist
weniger gefährlich als eine einsame Geburt zu Hause und macht es
später für die Kinder auch leichter, ihre biologischen Mütter
wiederzufinden. 95 Frauen haben sich bisher dafür entschieden, ihr
Kind nach der neuen Regelung zur Welt zu bringen. Sie gaben im
Krankenhaus ein Pseudonym an. Ihren wahren Namen kennt nur die
Mitarbeiterin der Schwangerschaftsberatung.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig sagt: «Wir sehen heute,
dass dieses Gesetz wirkt». Die SPD-Politikerin hatte das
Gesetzesvorhaben zur «vertraulichen Geburt» von ihrer Vorgängerin
Kristina Schröder (CDU) «geerbt». Schwesig sagt, sie habe das Gesetz
zwar damals unterstützt. Dass es von Frauen in Notsituationen schon
im ersten Jahr so gut angenommen worden sei, habe sie aber
überrascht.
Schröder hatte das Gesetz nach einer kritischen Studie zur Praxis der
anonymen Babyklappen auf den Weg gebracht. Auch das
Bundesverfassungsgericht hatte Bedenken gegen sogenannte anonyme
Geburten angemeldet. In einem Urteil betonte es das Recht jedes
Kindes, zu wissen, wer seine biologischen Eltern sind.
Ein Säugling, der in einer Babyklappe abgelegt wird, hat später fast
keine Chance, seine biologische Mutter wiederzufinden. Bei der
«vertraulichen Geburt» ist das anders. Zwar bleibt die Mutter die
ersten 16 Jahre nach der Entbindung anonym. Doch falls das Kind nach
Ablauf dieser Zeitspanne erfahren will, wer seine Mutter ist, wird
beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in
Köln ein verschlossener Umschlag geöffnet. Außen auf dem Umschlag
steht das Pseudonym, innen der richtige Name der Mutter. Angaben zum
Namen des Vaters sind nicht vorgesehen.
Wie der Vorname des «vertraulich geborenen» Kindes lauten soll, kann
die Mutter festlegen. Wenn sie das nicht tut, sucht das Jugendamt
einen Namen aus.
Sollte sich die Mutter in den ersten 15 Lebensjahren ihres Kindes
entscheiden, das Band zu ihrem Kind gänzlich zu zerschneiden, dann
kann sie versuchen, beim Familiengericht Einspruch gegen die
Erteilung der Auskunft an ihr Kind einzulegen. Von den Frauen, die
von dem Angebot der «vertraulichen Geburt» bislang Gebrauch gemacht
haben, hat das zwar noch keine getan. Allerdings ist das Gesetz auch
erst ein Jahr alt.
Dass eine Mutter ihr Baby plötzlich doch wieder zurückhaben möchte,
ist dagegen schon vorgekommen. Fünf Fälle, bei denen es deshalb dann
doch nicht zu einer Adoption kam, hat das Bundesfamilienministerium
bisher gezählt. Sollte sich die Mutter allerdings erst nach dem
gerichtlichen Adoptionsverfahren, das in der Regel nach etwa einem
Jahr abgeschlossen ist, umentscheiden, kommt sie zu spät. Das Kind
bleibt dann bei den Adoptiveltern. Eine Kontaktaufnahme seitens der
Mutter ist nicht mehr möglich.
Dass die Babyklappen weiter existieren, ist aus Sicht von Manuela
Schwesig kein großes Problem. Sie stört aber, dass einige Betreiber
dieser Babyklappen in ihren Broschüren und Internet-Informationen gar
nicht auf die Möglichkeit der «vertraulichen Geburt» hinweisen.
Auch die Diakonie zieht insgesamt eine positive Bilanz. «Die
vertrauliche Geburt ist ein voller Erfolg», sagt Maria Loheide,
Vorstand Sozialpolitik des evangelischen Wohlfahrtsverbands.
Noch nicht zufrieden ist Schwesig mit der Resonanz auf die ebenfalls
vor einem Jahr eingerichtete mehrsprachige Hotline für Schwangere in
Not. Zwar wurden über das kostenlose Hilfetelefon bereits 4200
Beratungsgespräche geführt. Da eine Untersuchung jedoch gezeigt hat,
dass mehr als die Hälfte der Frauen in Deutschland die Hotline gar
nicht kennen, startet das Ministerium jetzt eine neue
Informationskampagne, um das Angebot bekannter zu machen.
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