Frankreich will Magermodels Adieu sagen Von Sebastian Kunigkeit, dpa

Gibt es einen krankhaften Schlankheitswahn in der Modebranche?
Frankreichs Nationalversammlung jedenfalls will Ernst machen und
Magermodels vom Laufsteg verbannen.

Paris (dpa) - Es sind solche Erfahrungsberichte ehemaliger Models,
die aufschrecken. «Man hat mir in diesem Milieu auf die Finger
gehauen, weil ich erzählt habe, was ich gesehen habe», sagte
Géraldine Maillet, früher selbst auf Pariser Laufstegen unterwegs.
«Mädchen, die eine oder zwei Wochen vor den Modenschauen abends
nichts mehr essen, die nur einen Apfel am Tag essen, sich mit Kaffee
volllaufen lassen oder nur rauchen, um den Hunger zu bekämpfen.»

Was die Französin der Tageszeitung «Libération» erzählte und auch

schon in einem Buch verarbeitet hat, führt sie zu dem Schluss: «Die
Mode ist ein Katalysator der Neurose.»

Steckt hinter den feenhaften Körpern bei den legendären Pariser
Modenschauen also ein System, das die Gesundheit der Models auf die
leichte Schulter nimmt? Das damit noch dazu ein verzerrtes
Schönheitsideal verbreitet und die Magersucht fördert?

So sehen es jedenfalls die französischen Sozialisten - die von ihnen
dominierte Nationalversammlung will jetzt durchgreifen: Wer zu wenig
wiegt, soll künftig nicht mehr auf den Laufsteg.

Diesen Passus nahm das Parlament jetzt in die geplante
Gesundheitsreform auf. Am Dienstag (14.4.) soll über das Gesetz
abgestimmt werden. Unterhalb eines noch festzulegenden
Body-Mass-Indexes, der das Gewicht ins Verhältnis zur Größe setzt,
wäre die Arbeit als Model in Frankreich damit tabu.

Wer trotzdem Magermodels beschäftigt, dem würden 75 000 Euro
Geldstrafe und bis zu sechs Monate Gefängnis drohen. Zu dünne Models
vermittelten ein gefährliches Körperbild, mahnte der
sozialistische Abgeordnete Olivier Véran.

Die Modebranche ist bereits auf den Barrikaden. Die
Model-Agentur-Organisation Synam beklagte eine Benachteiligung von
Frauen, die von Natur aus sehr dünn sind - und nannte als Beispiel
die androgyne Figur des früheren Starmodels Inès de la Fressange.

Die Agenturen fühlen sich zudem zu Unrecht am Pranger und verwiesen
auf die Wünsche ihrer Kunden - also: der Designer, Werbeleute und
Modemagazine.

Das Thema ist nicht neu. In Israel gibt es bereits ein Gesetz, in
anderen Ländern Selbstverpflichtungen der Branche. Italiens Regierung
einigte sich mit den Modeverbänden des Landes bereits vor neun Jahren
auf eine Grundsatzerklärung gegen Magersucht.

Doch allen Selbstverpflichtungen und Kampagnen gegen das Ideal der
Magermodels zum Trotz, die Initiatoren der französischen
Gesetzesänderung stellen keine Besserung fest. «Es geht wirklich
darum, sich dem entgegenzustellen, was man in Frankreich und anderen
Ländern feststellt. Nämlich eine zunehmend beunruhigende Abmagerung
einer bestimmten Zahl an Models», sagte Véran.

Ob das Berufsverbot für Magermodels tatsächlich Gesetz wird, ist noch
nicht ausgemacht. Schließlich fand der Text erst im zweiten Anlauf
genug Unterstützung - und muss auch noch durch den Senat, wo die
oppositionellen Konservativen die Mehrheit haben. Die sehen das
Vorhaben skeptisch und sprechen ebenfalls von Diskriminierung.
Der UMP-Mann Arnaud Robinet warnte zudem, künftig könnten Models aus

anderen Ländern den Vortritt bekommen. Schließlich gibt es noch die
Frage, wie die Regel überhaupt überprüft werden soll.

Rechtsexperten sehen die ganze Stoßrichtung der Nationalversammlung,
die auch ein neues Delikt der «Förderung der exzessiven Schlankheit»

schaffen und damit gegen Magersucht-Blogs im Internet vorgehen will,
kritisch. «Wir versuchen, auf etwas, das alle als eine Krankheit
beschreiben, mit einem Strafgesetz zu antworten», sagte der Anwalt
Rodolphe Bosselut im Fernsehsender LCI.

Selbst bei Befürwortern einer gesetzlichen Regelung für die Models
gibt es Kritik im Detail. Ex-Mannequin Géraldine Maillet wies darauf
hin, dass der Body-Mass-Index allein als Kriterium wohl etwas mager
sei. Zudem fürchtet sie, dass die Branche mit der Schulter zuckt:
«Das interessiert niemanden, das ist weder angesagt noch Hype.» Der
Abgeordnete Véran ist optimistischer: «Die Perspektive dieser Strafe
wird einen regulierenden Effekt auf den ganzen Sektor haben.»

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