«Schick mal 'ne Bombe rüber»: Die Rohrpost hat noch nicht ausgedien t Von David Fischer, dpa

Die Rohrpost hat auch nach mehr als 150 Jahren nicht ausgedient: Als
Transportmittel für Blut- und Gewebeproben ist sie in vielen Kliniken
unverzichtbar. Auch in Asien finden die Anlagen immer mehr Abnehmer.
Die europaweit größte Rohrpost steht im Norden.

Hannover (dpa) - Erst kommt ein ruckelndes Geräusch, dann zischen die
Plastikbüchsen durch den Untergrund. Zwischen den acht Etagen der
Medizinischen Hochschule in Hannover verbirgt sich ein 50 Kilometer
langes Versorgungsnetz mit 175 Sendestationen. Es ist nach Angaben
der Hochschule die größte Rohrpostanlage Europas. Ob Röntgenbilder,
Blut-, Urin- oder Gewebeproben: Rund 20 000 Mal wöchentlich jagen die
Mitarbeiter Inhalte in Plastikbüchsen mit Unterdruck durch die
Leitungen. 

Maximal vier Minuten ist die Flaschenpost auf der längsten Strecke in
der Klinik unterwegs - zu Fuß würde man für diese Strecke
zehn Minuten mehr brauchen. Bei wichtigen Befunden kann das Leben
retten, erklärt der Leiter der Rohrpostanlage, Andreas Novak. «Wenn
die Anlage ausfällt, würde das unseren Betrieb erheblich behindern.»


Und es werden weiter neue Systeme eingerichtet, etwa im Klinikum
Stuttgart. Dort baut Aerocom aus Schwäbisch Gmünd die Technik ein.
Das Familienunternehmen ist nach eigenen Angaben der weltweit größte
Rohrpost-Hersteller. Mit 30 Millionen Euro Umsatz im Jahr liefert die
Firma ihre Technologie in 80 Länder.

Auch in Behörden oder Elektrogeschäften komme die Rohrpost zum
Einsatz, sagt Aerocom-Geschäftsführer Roland Pfitzer. Dank der
weltweit wachsenden Gesundheitsbranche boomt die
Luftdruckpost besonders in Südostasien und im arabischen Raum. Allein
in China verzeichnet der Hersteller mit rund 200 Mitarbeitern eine
Wachstumsquote von 20 Prozent.

In der Hochschule in Hannover werden auch persönliche Gegenstände wie
Schlüsselbunde nicht selten per Luftantrieb auf den Weg gebracht.
Die Bedienung ist recht simpel: An den Sendestationen wird der
Zielort per Code eingeben. Dann kommt die Büchse in eine Öffnung,
Klappe auf, los geht die Fahrt. Von der Zentrale der Anlage aus wird
dann das Ziel angesteuert. «Schickt uns mal 'ne Bombe rüber», heißt

das im Klinik-Jargon.

Die Rohrpost-Technik ist alt: 1863 ging die erste Anlage in London in
Betrieb. Seine Blütezeit in Deutschland erlebte das System in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hauptsächlich um Briefe und
Telegramme in Großstädten zwischen Postämtern hin- und herzuschicken.


Im öffentlichen Leben hat die Rohrpost heute zwar weitgehend
ausgedient, aus Krankenhäusern ist sie aber kaum wegzudenken: So
schlängelt sie sich auch durch das Heidelberger Universitätsklinikum,
die Leipziger Uni-Frauenklinik oder die Berliner Charité.

Das Geschäft mit der Rohrpost steht stellvertretend für einen Trend
in der Intralogistik, dem Transport innerhalb eines Unternehmens.
Nach Schätzungen des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
(VDMA) wird sich der Umsatz in diesem Bereich von 19,7 Milliarden
Euro in 2013 auf 20,3 Milliarden Euro in 2014 steigern. «Allein 2013
lag das Exportvolumen von Deutschland bei 13,1 Milliarden Euro»,
erklärt der VDMA-Geschäftsführer für Fördertechnik und Intralogis
tik,
Sascha Schmel.

Die wichtigsten Märkte liegen in den USA, Frankreich und China. Aber
auch Latein- und Südamerika seien Wachstumsmärkte für
Rohrposthersteller, erklärt Pfitzer. Hier vertrauten die Betreiber
von Tankstellen oder Supermärkten zunehmend auf die Rohrpost anstelle
auf Geldboten: Ohne den Risikofaktor Mensch transportieren sie so
Bargeld von der Kasse in den Tresorraum. 

Doch die insgesamt recht sichere Technologie blieb in ihrer
150-jährigen Geschichte nicht ganz von Gaunern verschont. Ein großer
Coup gelang Dieben im Jahr 1981 in der Berliner Spielbank: Sie
schnitten die Hausrohrpost zwischen Spielsaal und Tresorraum auf und
ließen mehr als eine halbe Million Mark in ihre Tasche wandern. Erst
am nächsten Morgen wurde der Vorfall bekannt - da waren die
Kriminellen schon längst über alle Berge.

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