Virologe im Ebola-Gebiet: Die Menschen haben Panik Interview: Carolin Eckenfels, dpa

Ein Virologe aus Marburg testet im westafrikanischen Krisengebiet
Blutproben auf den Ebola-Erreger. Derzeit kommt eine Probe nach der
nächsten an. Die Helfer sind stundenlang im Einsatz.

Guéckédou/Marburg (dpa) - Die Ebola-Epidemie fordert in Guinea,
Liberia, Sierra Leone und Nigeria immer mehr Opfer. Mitten im
Krisengebiet, im Ort Guéckédou in Guinea, arbeitet der Virologe
Thomas Strecker aus dem hessischen Marburg. Der 38-Jährige gehört zum
«Europäischen mobilen Labor», gefördert von der EU, und testet
Blutproben von Patienten mit verdächtigen Symptomen auf das
Ebola-Virus. Strecker war bereits im Frühjahr für rund vier Wochen
hier und kam im Juli für einen zweiten Einsatz zurück. Was ihn
antreibt und welche Erlebnisse er mit nach Hause nimmt, erzählt er im
dpa-Interview.

Frage: Sie sind zum zweiten Mal an einem Ort, an den viele nicht
gehen würden. Was hält Sie im Ebola-Gebiet?

Antwort: Es sind die Erfolge im Kleinen, wenn Patienten wieder gesund
werden. Dieser Ebola-Ausbruch ist in seiner Gesamtheit verheerend. Es
ist traurig zu beobachten, dass sich trotz der Maßnahmen immer mehr
Menschen infizieren.

Frage: Was machen Sie hier genau?

Antwort: Ich gehöre zum «Europäischen mobilen Labor». Drei
europäische Kollegen und zwei aus Guinea arbeiten hier. Unser Labor
kann man in 10 bis 15 Kisten packen. Wir untersuchen Blut- oder
Speichelproben auf Ebola-Erreger. Das haben wir zuerst in einem Zelt
gemacht, jetzt sind wir in einem Haus. Hier sind die Temperaturen
auch angenehmer, im Zelt war es teils 36 bis 37 Grad heiß.

Frage: Haben Sie keine Angst, selbst krank zu werden?

Antwort: Nein. Wir haben hier keinen direkten Kontakt zu den
Patienten. Die Kollegen von Ärzte ohne Grenzen nehmen ihnen Blut für
die Proben ab. Wir machen die reine Diagnostik. Wir imitieren hier
ein Hochsicherheitslabor. Zu unserer Ausrüstung gehört auch eine
sogenannte Glovebox («Handschuhkasten»), die erlaubt sicheres
Arbeiten mit den Proben. Darin stecken nur unsere Hände, die Box
steht unter Unterdruck und ist mit Sicherheitsfiltern ausgestattet.

Frage: Wie viel haben Sie denn zu tun?

Antwort: Wir haben ein enormes Proben-Aufkommen, die letzten Tage
haben wir von 8.00 Uhr morgens bis 22.00 Uhr gearbeitet. Wir bekommen
derzeit Proben auch aus Liberia. Wir sind hier in einer Grenzregion.
Es ist ein enormer logistischer Aufwand, sie hierher zu bekommen. Ein
Fluss dient als natürliche Grenze, die Proben werden daher auch mit
einem Kanu übergesetzt.

Frage: Wie geht die Bevölkerung mit der Epidemie um?

Antwort: Die Leute haben einfach Panik, weil sie sehen, dass Menschen
sehr schnell sterben und ganze Familienverbände erkranken. Und es
gibt immer noch großen Widerstand in den Dörfern. Die Menschen
verstecken weiterhin Patienten vor den Helfern. Es gibt ein
Misstrauen gegenüber westlichen Organisationen, die Bevölkerung
glaubt, Ebola sei durch die Helfer eingeschleppt worden. Das Virus
kannten die Menschen in Westafrika bislang nicht. Viele denken, es
sei Malaria, deswegen haben sie zunächst keine Angst und pflegen ihre
Angehörigen.

Frage: Welche Erlebnisse machen Mut?

Antwort: Wir hatten hier einen Vater und Sohn, beide Ebola-positiv,
die die Krankheit überlebt haben. Eine Woche später kam der Vater
zurück und wollte sich bei den Helfern, die sie so toll und liebevoll
gepflegt haben, bedanken. Es gibt aber auch sehr traurige Momente.

Frage: Gibt es denn genug Helfer? Und wie nötig sind die unter
anderem von der WHO in Aussicht gestellten Hilfen?

Antwort: Die Aufstockung von Hilfspersonal ist sicherlich das
Wichtigste. Es sind zum Beispiel viele Leute nötig, um die
Übertragungsketten aufzuklären. Ein Infizierter hat schnell 50 bis
100 Kontakte.

Frage: Was ist das erste, das Sie machen, wenn Sie zurück sind?

Antwort: Ausruhen. Es ist schon anstrengend hier. Die Bilder,
Impressionen und die Geschichten, die man hier hört, muss man erst
einmal verarbeiten.

ZUR PERSON: Dr. Thomas Strecker (38) arbeitet am Institut für
Virologie an der Uni Marburg. Er hat sich schon in seiner
Doktorarbeit mit hochgefährlichen Erregern befasst.

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