(KORR-Bericht) Mögliche Fehlbehandlungen bei Neugeborenen: Klinikchef schweigt Von Roland Beck, dpa

Vier Neugeborene sollen am Klinikum Bayreuth falsch behandelt worden
sein, eines der Kinder sei gestorben. Ein anonymer Tippgeber erhebt
schwere Vorwürfe gegen das Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft
ermittelt, der Klinikchef schweigt.

Bayreuth (dpa/lby) - Noch vor kurzem schien die Welt des Klinikums
Bayreuth in Ordnung. «Klinikum Bayreuth GmbH schneidet bei externer
Qualitätsprüfung überdurchschnittlich ab», verkündete die
Klinikleitung stolz auf der Homepage. Nicht einmal drei Wochen später
steht das Krankenhaus wegen möglicherweise folgenschwerer
Behandlungspannen in den Schlagzeilen. 

Die Vorwürfe, die ein anonymer Tippgeber mit konkreten Daten und
Namen erhoben hat, sind gravierend: Wegen einer Fehlbehandlung soll
ein Neugeborenes in der oberfränkischen Klinik gestorben sein. Drei
weitere Babys sollen schwerwiegende Dauerschäden davon getragen
haben. Am Mittwoch gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie gegen
Verantwortliche des Klinikums ermittelt.

Laut Staatsanwaltschaft Bayreuth geht es um Fälle zwischen 2008 und
2011. Kriminalbeamte haben Akten im Klinikum sichergestellt. Es werde
einige Zeit dauern, die Unterlagen auszuwerten, heißt es bei der
Anklagebehörde.

Zusätzlich sorgt eine Mängelliste in der jüngsten Ausgabe des
Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» über das Bayreuther Krankenhaus f
ür
Wirbel. Es komme schon mal vor, dass Patienten vom Operationstisch
fielen, steht in dem Bericht. Nach Spiegel-Angaben ist zudem die
Ausstattung einiger OP-Bereiche veraltet, so dass die Anästhesisten
hier hinter einer Trennwand stünden. Bei Gefahr im Verzug müssten die
Narkoseärzte erst unter der Wand hindurchkriechen.

Klinikchef Roland Ranftl will sich zu den ganzen Vorwürfen vorerst
nicht äußern. Auch die Krankenhaus-Sprecherin darf dazu keine
Auskünfte geben. «Diese Strategie hat der Aufsichtsrat so festgelegt,
daran müssen wir uns halten.»

Stattdessen wird hinter verschlossenen Türen beraten. Die Dauer der
am Mittwoch eilig einberufenen Krisensitzung am Bayreuther Klinikum
lässt nur vermuten, dass der Gesprächsbedarf groß ist: Gut sieben
Stunden lang saßen Aufsichtsräte, der ärztliche Direktor, betroffene

Chefärzte, die Pflegedienstleitung sowie Vertreter des Betriebsrats
an einem Tisch.

Am kommenden Dienstag ist die nächste Sondersitzung anberaumt. Dann
soll auch über Konsequenzen beraten werden, ist aus dem Bayreuther
Rathaus zu erfahren. Im Umfeld des Krankenhauses wird bereits
gemunkelt, dass damit auch personelle Konsequenzen gemeint sind.

Alleiniger Gesellschafter der vor elf Jahren gegründeten Klinikum
Bayreuth GmbH ist der Krankenhauszweckverband Bayreuth, dessen
Mitglieder Stadt und Landkreis Bayreuth sind. Bayreuths
Oberbürgermeisterin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des
Klinikums, Brigitte Merk-Erbe von der Freien Wählervereinigung
Bayreuther Gemeinschaft, hält die Vorwürfe «für sehr schwerwiegend.
»
Diese müssten lückenlos aufgearbeitet werden, betont sie. Mehr will
aber auch sie im Vorfeld der Sondersitzung am Dienstag nicht sagen.

Die Vorwürfe haben unterdessen das bayerische Gesundheitsministerium
auf den Plan gerufen. Die Behörde bat den Aufsichtsrat um eine
Stellungnahme. Zwar habe man keine Aufsicht über die bayerischen
Krankenhäuser. «Das heißt aber nicht, dass wir untätig bleiben»,
sagt
ein Ministeriumssprecher.

Die aus Oberfranken stammende Gesundheitsministerin Melanie Huml
(CSU) warnt vor voreiligen Schlussfolgerungen: «Klar ist: Ökonomische

Zwänge dürfen niemals zu Lasten der Qualität der medizinischen
Versorgung der Patienten oder gar zu Lasten der Patientensicherheit
gehen. Es wäre aber falsch, die bayerischen Krankenhäuser insgesamt
unter den Generalverdacht zu stellen, auf Kosten der Patienten zu
sparen.»

Auf Facebook herrscht unterdessen Unverständnis über das bisherige
Schweigen der Klinikleitung. «Aufarbeiten, Verantwortung übernehmen
und versuchen, in Zukunft es besser zumachen, wäre der bessere Weg»,
schreibt ein Mann. Eine Frau bricht eine Lanze für das Personal: An
der Misere hätten Schwestern und Pfleger wohl am wenigsten Schuld.
Sie seien höchstens völlig überlastet, weil zu sehr gespart werde.

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