«Ah, mein altes Fußspray» - Apotheke sammelt DDR-Medikamente Von Anna Ringle-Brändli, dpa
Pillen, Säfte und Salben im Retro-Look - die Medikamente im Cottbuser
Apothekenmuseum sind heute vom Markt so gut wie verschwunden. In der
DDR waren sie weitbekannt.
Cottbus (dpa) - Die Tür öffnet sich, ein strenger Geruch steigt in
die Nase. Arzneimittel - Chemie - Zahnarztpraxis. «So roch es früher
in DDR-Apotheken», sagt Sabine Bernert. Das Brandenburgische
Apothekenmuseum in Cottbus sammelt DDR-Medikamente.
Der Geruch spaltet, weiß Mitarbeiterin Bernert von Besucherführungen.
Museumsleiterin Annette Schiffner sagt das auch: «Ältere Besucher,
die in der DDR lebten, sagen: «Ah, mein altes Fußspray» oder «so
hat's früher in meiner Apotheke gerochen».» Und die Jungen? ««Igi
tt,
hier stinkt's».»
Nach Retro sieht es in dem Zimmer im ersten Stock eines Hinterhauses
aus. Holzmöbel im 1960er-Look, hinter den Glasscheiben sind Hunderte
Verpackungen mit Tabletten, Salben und Säften zu sehen. Den Raum im
Museum gibt es laut Schiffner seit 2005. An der Wand hängt ein
beleuchtetes Schild. «Dienstbereitschaft. Bitte klingeln und warten!»
Das kleine Museum ist stolz darauf, die rund 750 Medikamente in einer
originalen Apotheken-Inneneinrichtung aus DDR-Zeiten zu präsentieren.
«Wir wollen zeigen, dass die Arbeit von Apothekern eine hochwertige
und fachlich sehr fundierte war», sagt Schiffner. Sie schmunzelt, als
sie eine Pillenverpackung in die Hand nimmt: «Ich weiß bei einigen
Medikamenten sogar noch die Preise auswendig.» Sie lernte selbst in
einer Ost-Apotheke ihr Handwerk.
Gezeigt wird auch eine vergilbte Zeitschrift «Durch Volksgesundheit
zur Leistungssteigerung». In dieser Ausgabe geht es um «Die
Sexualität im Blickfeld des Arztes». In einer Vitrine ist zu
erfahren, dass Darmregulierungs-Perlen und Mistel-Perlen «zur Hebung
des allgemeinen Wohlbefindens» gedacht waren.
Was ist das Typische an DDR-Apotheken? Der Direktor des Instituts für
Pharmazie-Geschichte an der hessischen Philipps-Universität Marburg,
Christoph Friedrich, nennt ein Phänomen: «Anders als in der BRD gab
es pro Präparat und Wirkstoff jeweils nur einen Hersteller.» Konnte
der nicht liefern, sei es immer wieder zu Versorgungslücken gekommen
- vor allem zum Ende der DDR hin. Die Berliner Mauer fiel vor rund 25
Jahren, 1990 wurde Deutschland wiedervereinigt. «Dafür zeigten die
Apotheker sehr viel Eigeninitiative, überlegten sich Alternativen und
stellten selbst Arzneimittel im Defekturmaßstabe her.» Das bedeutet,
dass sie in größeren Mengen produziert wurden.
Auf ein Ausstellungsstück ist Museumsleiterin Schiffner besonders
stolz - es ist ein Mittel gegen Depressionen in einer rot-weißen
Verpackung. Das habe eine besondere Geschichte, sagt sie. «Es lag
schon in den Händen von Schauspielerin Martina Gedeck - im Film «Das
Leben der Anderen»». Das Werk von Florian Henckel von Donnersmarck
über ein Paar in der DDR wurde 2007 mit einem Oscar ausgezeichnet.
Neben Cottbus gibt es weitere Apothekenmuseen in Deutschland, die
DDR-Medikamente sammeln. Dazu zählt etwa das nach eigenen Angaben
größte Apothekenmuseum Deutschlands in Heidelberg. Es habe etwa 600
DDR-Präparate, ausgestellt sei rund ein Dutzend. «Was wir nicht
haben, sind Möbel aus DDR-Apotheken, dafür aber viele Unterlagen»,
sagt Sammlungskuratorin Claudia Sachße.
Bis auf 26 Privatapotheken seien in der DDR alle staatlich gewesen,
berichtet Wissenschaftler Friedrich. Heute sei das Sortiment bis auf
wenige Ausnahmen vom Markt verschwunden. Und was sonst noch typisch
war in DDR-Apotheken? «Lange Schlangen.»
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