Streitbarer Geist und DOSB-Schmied: Manfred von Richthofen gestorben Von Robert Semmler, dpa
Die Vereinigung von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen
Komitee zum DOSB bleibt als Lebensleistung von Manfred von Richthofen
erhalten. Viele einstige Begleiter reagierten bestürzt auf den Tod
des unbequemen Berliner Sportfunktionärs.
Berlin (dpa) - Um eine klare Meinung war Manfred von Richthofen nie
verlegen, Rückschläge konnten den streitbaren Sportfunktionär nicht
bremsen. Mit der Fusion von DSB und NOK zum Deutschen Olympischen
Sportbund (DOSB) vollendete der Berliner 2006 gegen alle Widerstände
sein sportpolitisches Lebenswerk. Auch als Ehrenpräsident sagte er
danach immer deutlich, was er dachte. Am Donnerstag ist Manfred von
Richthofen im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Krankenhaus
gestorben.
«Er war ein streitbarer Geist, der sich vehement für die Interessen
des Sports in Deutschland eingesetzt hat», erklärte IOC-Präsident
Thomas Bach am Freitag und zeigte sich betroffen von der
Todesnachricht. Der Chef des Internationalen Olympischen Komitees
(IOC) war bis zum vorigen Jahr erster DOSB-Präsident und würdigte die
Verlässlichkeit seines Partners.
Von Richthofen habe sich um das gesamte Land verdient gemacht,
erklärte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Der gesamte deutsche Sport
sei in tiefer Trauer. «Er hat sich als Sportpolitiker um die
vielfältigen Themen des Sports große Verdienste erworben, besonders
für das Thema Breitensport/Sportentwicklung stand er wie kaum ein
Zweiter. Er hat für den Sport in seiner gesellschaftspolitischen und
sozialen Bedeutung wichtige Weichen gestellt», betonte Hörmann, seit
vorigem Dezember Nachfolger von Bach als DOSB-Chef.
Der langjährige Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes
(DLV), Helmut Digel, erinnerte sich an «viele Gefechte, aber ich habe
mich mit ihm gerne gestritten. Er hat nie um den heißen Brei
herumgeredet.» Wer von Richthofen begegnete, bekam stets einen
entschlossenen, festen Händedruck und eine dezidierte Antwort auf
alle Fragen. «Er hat sehr viel bewegt, war nicht immer bequem», sagte
DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel.
Der Neffe des als «Roter Baron» bekannten gleichnamigen Jagdfliegers
aus dem Ersten Weltkrieg feierte vor knapp drei Monaten seinen 80.
Geburtstag und meldete sich damals im Vorfeld der Olympischen
Winterspiele mit seiner markanten Stimme gewohnt klar zu Wort. Dass
Bundespräsident Joachim Gauck nicht nach Sotschi reiste, begrüßte der
Unternehmer als starkes politisches Zeichen. Eisschnellläuferin
Claudia Pechstein konnte er sich als deutsche Fahnenträgerin nicht
vorstellen.
Von Richthofens Abschied von der aktiven Bühne der Sportpolitik ist
inzwischen bald acht Jahre her. Am 20. Mai 2006 erreichte er sein
großes Ziel, als sich Deutscher Sportbund (DSB) und Nationales
Olympisches Komitees (NOK) zum DOSB zusammenschlossen. Ein erster
Versuch zehn Jahre zuvor war am Widerstand des damaligen
NOK-Präsidenten Walther Tröger gescheitert. Erst mit Hilfe von dessen
Nachfolger Klaus Steinbach konnte von Richthofen seinen großen Plan
in die Tat umsetzen.
Seit 1994 stand von Richthofen an der Spitze des DSB. Sein Vorgänger
Hans Hansen charakterisierte ihn einmal trefflich mit den Worten: «Er
ist ein kritischer Geist, er integriert, aber er kann auch
polarisieren.» Aber auch eine Meinung ändern: Im vorigen Jahr
befürwortete der frühere Hockeyspieler und -trainer und Lehrer am
Berliner Canisius-Kolleg ein Anti-Doping-Gesetz. Der Staat verfüge
durch rechtsstaatliche Mittel über ganz andere
Durchgriffsmöglichkeiten, begründete von Richthofen den Kurswechsel.
Das Thema Doping beschäftigte ihn nach der deutschen Vereinigung
intensiv. Als Vorsitzender der nach ihm benannten Kommission
beschäftigte er sich mit der Dopingvergangenheit in der DDR. Schon
1981 war er als Unterhändler in der Ost-West-Verhandlungskommission,
die Sport-Kalendergespräche führte, mit dem Sport in beiden deutschen
Staaten befasst. Den neuen Bundesländern bescheinigte von Richthofen
riesigen Nachholbedarf beim Breitensport, seine Bestandsaufnahme der
Situation bei den vielerorts maroden Sportstätten mündete in den
Goldenen Plan Ost. «Im deutschen Vereinigungsprozess hat er eine
bedeutende Rolle gespielt», stellte Digel fest.
Bevor Richthofen ab 1974 beim DSB als stellvertretender Vorsitzender
des Bundesausschusses Leistungssport auch überregional wirkte, machte
er zunächst im einstigen Westen Berlins Karriere in der Sportpolitik.
1967 wurde er Präsidiumsmitglied beim Landessportbund (LSB), 1970
Sportdirektor. Von 1985 bis 2000 führte er den LSB, parallel stieg er
1990 zum DSB-Vizepräsidenten auf und vier Jahre später zu dessen
Chef. Seiner Heimatstadt blieb er trotz eines Wohnsitzes am Tegernsee
stets verbunden. Mit der 1993 krachend gescheiterten Bewerbung um die
Olympischen Spiele 2000 erlebte von Richthofen dabei auch eine
deftige Niederlage. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit
würdigte ihn dennoch als erfolgreichen Botschafter der Hauptstadt.
Bei aller Meinungsfreudigkeit und mancher Schärfe war von Richthofen
eines sicher nicht: humorlos.
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