Bewusst laufen, barfuß laufen: Wellness wird individuell Von Peter Zschunke, dpa

Gute Geschäfte mit dem Wohlbefinden: Der Umsatz in der
Wellness-Branche legt stetig zu. Eine Messe in Baden-Baden zeigt,
dass die Angebote für die Erholungssuchenden dabei immer
ausgefallener werden.

Baden-Baden (dpa) - Sich wohlfühlen, etwas für die Gesundheit tun,
die Seele baumeln lassen: Wege zu diesem Ziel zeigen die Deutschen
Wellnesstage im Kongresshaus Baden-Baden. 200 Aussteller präsentieren
an diesem Samstag und Sonntag (ab 10.00 Uhr) zum fünften Mal, was in
der Branche gerade angesagt ist. «Das Wellness-Geschäft geht in
Richtung Individualität», sagt Messe-Geschäftsführerin Monika
Jettkowski. Wohlbefinden und Gesundheit seien für jeden etwas
anderes. «Das beginnt beim Barfußlaufen und geht bis zur
Hochleistungsmedizin.»

Barfußlaufen? «Ja, da wird man in Deutschland erst einmal schief
angeguckt», antwortet Christiane Potschaske aus Königsfeld im
Schwarzwald. Das sei aber nur der Kopf, der das aufgrund unserer
jahrhundertelangen Zivilisationsgeschichte komisch finde, «da unten
nichts anzuhaben». Wer sich aber bewusst darauf einlasse, «erlebt ein
befreiendes Körpergefühl». Die Freizeit- und Sporttherapeutin führt

Gruppen und einzelne Menschen barfuß durch den Wald, macht sie auf
besondere Techniken beim Auftreten mit dem Fuß aufmerksam und läuft
selbst auch in der Stadt am liebsten barfuß.

Das Laufen ist auch für Halil Senpinar von entscheidender
Bedeutung für das Wohlergehen. Der Physiotherapeut kümmert sich im
medizinischen Team der Leichtathlethik-Nationalmannschaft um die
Weitspringer und stellt bei den Wellnesstagen die Ganganalyse vor.
Dabei wird auf einem Speziallaufband das gesamte Bewegungssystem von
den Füßen bis zum Rücken untersucht. Nach der Auswertung der
Ergebnisse empfiehlt er ein Spezialtraining auf dem Laufband, um
Belastungen beim Gehen zu vermeiden und Problemen wie Kniearthrose
oder Beckenschiefstand vorzubeugen. Auch ohne eine aufwendige Analyse
könne man etwas für das persönliche Wohlbefinden tun, wenn man
bewusster auf das eigene Gehen achte, empfiehlt Senpinar.

Im vergangenen Jahr kamen 5900 Besucher zu den Wellnesstagen.
Diesmal seien die Erwartungen noch höher, sagt Geschäftsführerin
Jettkowski. Die Veranstalter legen besonderen Wert auf
Mitmachangebote, auf Schnupperkurse in Erlebnisräumen. Dazu gehören
Yoga-Übungen, wobei sich hier immer weitere Richtungen
differenzieren. Im Trend liegen nach Angaben der Geschäftsführerin
individuelle Wellness-Reisen - «das müssen nicht die
Fünf-Sterne-Häuser sein, sondern das kann auch ein gepflegtes
Familienhotel mit Spezialangebot und qualifiziertem Personal sein».


In Deutschland werben 1400 Hotels mit dem Attribut Wellness. Von
diesen seien aber aufgrund ihrer Ausstattung nur 450 Häuser ernsthaft
so zu bezeichnen, sagt Michael Altewischer, Geschäftsführer der
Wellness-Hotels & Resorts GmbH, ein Zusammenschluss geprüfter
Wellness-Hotels. Wie groß der Wellness-Markt in Deutschland ist,
lässt sich kaum schätzen, was auch an der schwierigen Abgrenzung der
Branche liegt. «Der ganz große Boom war von 1997 bis 2005», sagt
Altewischer. Der Markt wachse aber weiter um jährlich acht bis zwölf
Prozent.

Wellness ist vielfältig, die Grenzen zur Esoterik sind fließend,
wie die Messe in Baden-Baden zeigt. Eine Klangmassage stellt dort der
ehemalige Physikingenieur Peter Hess vor, der den Menschen mit
sphärischen Klängen und sanften Massagen helfen will, «zu sich zu
kommen, ruhig zu werden und zu entspannen». Die Idee dazu sei ihm in
Nepal gekommen, sagt Hess. «Es sind die leisen Töne, Klänge und
Vibrationen, die etwas verändern, nicht die lauten.» Die
Klangresonanztherapie finde inzwischen zunehmend wissenschaftliche
Anerkennung.

Ob eine Anwendung wirklich das Wohlbefinden steigert, lässt sich
nur persönlich entscheiden. «Bei angeblichen wissenschaftlichen
Nachweisen der Wirksamkeit eines Wellnessangebots sollte man genau
hinschauen, wie wissenschaftlich dieser Nachweis wirklich ist», rät
Annette Leßmöllmann, die am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

den Studiengang Wissenschaft-Medien-Kommunikation leitet. «In diesem
Bereich zählt eher persönliche Erfahrung, und die sollte man am
besten selbst machen.»