Namen für Sternenkinder - Kleine Änderung für mehr Würde Von Kerstin Münstermann, dpa
Ein Kind während der Schwangerschaft zu verlieren, ist für Eltern
immer grauenvoll. Seit 2013 können sie immerhin das tote Kind im
Standesamt eintragen und damit formal anerkennen lassen.
Berlin (dpa) - Der Bauch wurde immer runder, ein Name war gefunden
- dann waren plötzlich keine Herztöne mehr zu hören. Die 39-jährige
Carola musste ins Krankenhaus und gebar ein totes Kind. Ein kleines
Mädchen. Unter 500 Gramm.
Lilly ruht jetzt auf einem Berliner Friedhof. Carola, die ihren
Namen nicht nennen möchte, geht häufig zum Grab. Sie fühlt sich ihrer
toten Tochter dort nahe. «Auch wenn ich sie nie lebend im Arm hatte,
hatten wir eine enge Verbindung. Sie war mein Baby.»
Dass die Mutter ihrem Kind offiziell überhaupt einen Namen geben
konnte, war noch vor einem Jahr nicht möglich. Eine kleine
Veränderung aus dem Mai, genauer Paragraf 31 der
Personenstandsverordnung, brachte den Unterschied. Der Passus
entscheidet darüber, ob man eine Person gewesen ist in Deutschland -
oder nicht. Ob man juristisch existiert hat - oder nicht.
Bislang galten Totgeborene mit einem Gewicht von unter 500 Gramm
als Fehlgeburten und wurden beim Standesamt nicht erfasst. Damit
waren sie juristisch nicht existent, waren hart gesagt Klinikmüll.
Ein Recht auf Bestattung der «Sternenkinder» gab es ebenso wenig wie
eine Geburts- oder eine Sterbeurkunde.
Nun können die Eltern einen Namen ihres toten Kindes beim
Standesamt auch rückwirkend eintragen lassen und es offiziell
bestatten lassen. In der Vergangenheit gab es - je nach dem im
jeweiligen Bundesland gültigen Friedhofsrecht - häufig nur einen
anonymen Stern auf einem Holzkreuz oder Grabstein. Der Änderung
mussten sowohl Bundestag als auch Bundesrat zustimmen.
Die Neuregelung geht auf eine Initiative der hessischen Eheleute
Barbara und Mario Martin zurück. Das Paar hatte drei Kinder verloren,
von denen es zwei nach der früheren Gesetzeslage juristisch nie
gegeben hat. Die Martins sammelten rund 40 000 Unterschriften,
schrieben an die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder
und schickten ihr Bilder der toten Kinder.
«Als ich diesen Brief bekam, hat mich das so berührt, dass ich das
Bild auch heute noch vor Augen habe», sagt die ehemalige
CDU-Ministerin, selbst Mutter einer Tochter. «Wir debattieren zu
Recht immer wieder über die Frage, wann das menschliche Leben
beginnt. Da ist es nur folgerichtig, diesem frühen Leben im
Mutterleib auch beim Tod vor der Geburt einen Namen geben zu dürfen.
Wie eine Gesellschaft mit ihren Toten umgeht, sagt oft sehr viel aus,
wie viel Wert sie dem Leben beimisst.»
2014 steht nun eine weitere «Gewichts»-Regelung auf der Kippe.
Bislang wird zwischen «Fehlgeburten» von Kindern unter 500 Gramm und
«Totgeburten» über dieser Gewichtsgrenze auch im Mutterschutzgesetz
unterschieden. Nur bei «Totgeburten» greift derzeit der Schutz vor
Kündigung im Mutterschutz.
In Bremen wurde einer Frau gekündigt, die gerade eine Fehlgeburt
erlitten hatte. Das tote Kind wog unter 500 Gramm. Die Frau klagte
gegen ihre Kündigung, bekam in der ersten Instanz recht. Doch im
Dezember kassierte die zweite Instanz das Urteil mit Verweis auf die
Gewichtsgrenze und erklärte die Kündigung für wirksam. Im
Familienministerium existieren nun Pläne, das Mutterschutzgesetz zu
reformieren. Künftig sollen auch Mütter, die Fehlgeburten erlitten
haben, vor Kündigungen bewahrt werden.
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