Experte: Psychische Störungen noch vor der Schule behandeln dpa-Interview: Jörg Fischer, dpa

ADHS, Angst oder Depressionen: Immer häufiger werden bei Kindern
psychische Leiden entdeckt. Meist werden sie erst in der Schule zum
ganz großen Problem. Nach Ansicht von Experten können sie aber schon
viel früher behandelt werden.

Homburg (dpa) - Knapp 450 Experten beraten bis (zum morgigen)
Samstag im saarländischen Homburg über die Behandlung von psychischen
Störungen bei Vorschulkindern. Die Nachrichtenagentur dpa sprach mit
Professor Alexander von Gontard, Direktor der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie an der Universitätsklinik des Saarlandes.

Frage: Bei Schulkindern werden immer häufiger psychische Störungen
diagnostiziert. Wie viele Kinder unter sechs Jahren sind betroffen?

Antwort: Nach vielen Studien haben etwa zehn Prozent der
Vorschulkinder klinisch relevante psychische Störungen, also solche
mit Beeinträchtigungen und hohem Leidensdruck. Das reicht von
Essstörungen, exzessivem Schreien über post-traumatische
Belastungsstörungen bis hin zu autistischen und ADHS-Störungen. Diese
Rate ist genauso hoch wie bei Schulkindern und Jugendlichen.

Frage: Wo können sich verunsicherte Eltern Rat suchen?

Antwort: Primärer Ansprechpartner ist der Kinderarzt. Erzieher oder
Frühförderstellen sollten bei psychischen Auffälligkeiten vermehrt
eine Vorstellung in der Psychiatrie anregen. Viele Eltern kommen aber
auch von allein. Es gibt leider nicht viele Zentren in Deutschland,
die auf die Behandlung von Vorschulkindern spezialisiert sind - wie
an den Unikliniken in Homburg oder Leipzig. Das Angebot muss in
Zukunft weiter wachsen.

Frage: Was ist bei der Therapie von kleinen Kinder besonders wichtig?

Antwort: Der erste Schritt ist immer die Abklärung, ob man wirklich
von einer Störung sprechen kann, die behandelt werden muss. In vielen
Fällen reicht die Beratung aus. Dann gibt es Elterntraining,
Elterninteraktionstraining und Elterngruppen. Ab dem Alter von vier
Jahren kann man auch Einzeltherapien des Kindes durchführen. Je
jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist die Arbeit über die
Eltern und mit den Eltern.

Frage: Wie sinnvoll ist eine Behandlung noch vor der Einschulung?

Antwort: Je früher, desto besser. Entscheidend ist, früh zu schauen
und früh zu intervenieren. Dadurch kann man viel Leid und viele
sekundären Folgen verhindern.

Frage: Bei immer mehr Schulkindern in Deutschland wird ADHS
(Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) diagnostiziert und
häufig Medikamente wie Ritalin ohne begleitende Psychotherapie
gegeben. Tritt das Syndrom auch bei kleineren Kindern verstärkt auf?

Antwort: Bei der ADHS-Diagnose muss man sehr vorsichtig sein. ADHS
kann man allerfrühestens mit drei Jahren feststellen. Für kleine
Kinder hat ADHS oft erhebliche soziale Konsequenzen, wie Problem mit
Gleichaltrigen, Eltern und Erziehern oder Ausschluss vom
Kindergarten. Bei der Behandlung muss an erster Stelle ein
Eltern-Kind-Training stehen. Nur wenn dies nicht anspricht, das Kind
erheblich beeinträchtigt und über vier Jahre ist, kommen Medikamente
infrage.

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