Fachkräftemangel macht nicht nur der Bahn zu schaffen Von Elke Richter, dpa
Bei der Bahn genügt derzeit ein wenig Sand im Getriebe, und schon
sorgt das Knirschen bundesweit für Aufregung. In Zukunft dürfte es
häufiger vorkommen, dass fehlende Experten für Unternehmen zum
Problem werden. Denn der Fachkräftemangel wird zunehmen.
Mainz/Nürnberg (dpa) - Vier Leute krank, drei im Urlaub - und
schon regiert im Mainzer Hauptbahnhof das Chaos. Auf die Schnelle
konnte die Deutsche Bahn keinen Ersatz für die fehlenden
Fahrdienstleiter im Stellwerk finden, mit gravierenden Folgen für den
Zugverkehr im Rhein-Main-Gebiet. Dass fehlende Mitarbeiter in
Schlüsselpositionen massive Auswirkungen auf Betriebsabläufe haben,
könnte in deutschen Unternehmen in Zukunft häufiger passieren. In
einigen Branchen gibt es schon jetzt zu wenige Spezialisten - und der
Fachkräftemangel wird wegen des demografischen Wandels zunehmen.
«Man kann nicht sagen, dass es derzeit grundsätzlich in
Deutschland einen übergreifenden Fachkräftemangel gibt», betont
Susanne Eikemeier von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Aber es gebe
einzelne Berufe, die händeringend gesucht würden. Die Regionen sind
unterschiedlich stark betroffen. Mancherorts wie in Bayern und
Baden-Württemberg gibt es oft nur wenige Arbeitslose, so dass das
Angebot an Arbeitskräften generell gering ist. Andernorts, wie in
Südwestfalen, konkurrieren viele ähnlich aufgestellten Betriebe um
die gleichen Fachkräfte.
«Das sind nicht nur akademische Berufe, es geht jetzt auch schon
bei den ersten dualen Ausbildungsberufen los, etwa bei den
Kälteanlagenbauern», berichtet BA-Sprecherin Eikemeier. Dazu gehören
auch Alten- und Krankenpfleger, Klempner, Energietechniker und
Mechatroniker. Auch Lokführer gibt es zu wenige. Darüber hinaus
herrscht ein Mangel bei mehreren Ingenieursrichtungen und bei Ärzten.
In der Zukunft wird sich die Situation verschärfen. «Im Sinne der
demografischen Entwicklung müssen wir davon ausgehen, dass sich das
Erwerbspersonenpotenzial bis 2025 um bis zu drei Millionen Menschen
reduziert», erläutert Eickemeier. Im Klartext: Weil die deutsche
Bevölkerung immer älter wird und es weniger junge Menschen gibt,
stehen nicht mehr genügend potenzielle Arbeitnehmer zur Verfügung.
Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt,
hält Probleme wie am Mainzer Hauptbahnhof schon jetzt auch in anderen
Bereichen für möglich. «Ob Schleusenwärter, Flughafenfeuerwehr,
Autobahnmeistereien, die Informationstechniker in einer
Finanzverwaltung - es gibt überall im Öffentlichen Dienst solche
Schlüsselfunktionen. Und fast überall fehlt es an Personal, was
schnell zu ähnlich existenziellen Engpässen führen kann», sagte er
der «Saarbrücker Zeitung».
Trendforscher Sven Gábor Jánszky ist überzeugt, dass das Chaos in
Mainz nur ein Vorgeschmack auf die Arbeitswelt der Zukunft ist. Wir
kommen aus einer Welt der hohen Arbeitslosigkeit «und gehen hin in
eine Welt der Vollbeschäftigung. Wir können heute schon sehen, wie
sich in den nächsten Jahren die Macht der Mitarbeiter gegenüber den
Unternehmen verschieben wird.» Nicht nur Spezialisten im Kontrollraum
eines Kraftwerks, beim Wasserwerk oder in der Regie der
Fernsehstudios säßen künftig am längeren Hebel. «In jeder Branche
gibt es Schlüsselpositionen, die auf das eigene Geschäftsmodell
wirken.»
Für Arbeitnehmer habe dies Vorteile, bestätigt auch Alexander
Kubis vom Institut für Berufs- und Arbeitsmarktforschung in Nürnberg.
«Die Bewerberlage hat sich schon jetzt deutlich verschlechtert, die
Unternehmen haben nicht mehr so viel Auswahl. Sie müssen plötzlich
was tun, um gutes Personal zu finden und zu halten - da ist der Lohn
natürlich eine entscheidende Frage.»
«Es sind aber natürlich nicht alle Berufe Mangelberufe», ergänzt
Kubis. Die Folge: «Die Lohnunterschiede in den Unternehmen werden
zunehmen.» Da die Personalbudgets nicht endlos wachsen könnten,
würden weniger spezialisierte Tätigkeiten oder Stellen mit vielen
Bewerbern künftig schlechter bezahlt. Die gefragten Experten hingegen
bekämen mehr vom Kuchen ab.
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