Kein Mangel an Hausärzten in Hessen - aber Lücken drohen Von Sandra Trauner und Bernd Glebe, dpa

In Hessen arbeiten derzeit noch genügend Hausärzte, sagt eine
Untersuchung. Doch gerade in ländlichen Gegenden könnte sich die Lage
ändern - auch weil viele Ärzte keinen Nachfolger finden.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Husten, Schnupfen oder Rückenschmerzen:
Es gibt viele Gründe, zum Hausarzt zu gehen. In Hessen dürfte es
einer Untersuchung zufolge eigentlich kein Problem sein, einen
niedergelassenen Mediziner in der Nähe zu finden. Etwa die Hälfte des
Bundeslandes gilt sogar als überversorgt. Dennoch tut sich gerade in
ländlichen Gebieten schon heute die eine oder andere Lücke auf. Das
geht aus einer aktuellen Analyse der Kassenärztlichen Vereinigung
(KV) mit Zahlen aus dem Jahr 2010 hervor.

Nach der KV-Studie gab es in Hessen zum Stichpunkt der Erhebung am
15. April 2010 exakt 3888 niedergelassene Hausärzte in 2780 Praxen.
Der «Versorgungsgrad» - also das vorgegebene Verhältnis von Arzt zu
Einwohner - erreichte in allen 21 Landkreisen und 5 kreisfreien
Städten mehr als 100 Prozent. In der Hälfte dieser Planungsregionen
lag der Versorgungsgrad über 110 Prozent - das ist laut Definition
eine Überversorgung. Dort dürfen sich keine neuen Hausärzte mehr
niederlassen. Von Unterversorgung oder Hausarztmangel spricht man bei
einer Quote unter 75 Prozent.

Den höchsten Versorgungsgrad hatte der Werra-Meißner-Kreis mit
120,47 Prozent, gefolgt vom Hochtaunuskreis und der Stadt Kassel. Am
anderen Ende der Skala lag Mitte 2010 der Kreis Darmstadt-Dieburg mit
100,93 Prozent. Ebenfalls dünn ist das Hausärztenetz im
Rheingau-Taunus-Kreis (104,05 Prozent) sowie im Kreis Fulda (104,48).
In absoluten Zahlen gab es die meisten Praxen und Hausärzte in der
Stadt Frankfurt, wo 448 Hausärzte in 321 Praxen tätig sind, die
wenigsten im Odenwaldkreis mit 62 Medizinern in 34 Hausarztpraxen.

Bei genauerem Hinsehen sei es aber keineswegs so, dass die
Versorgung in jedem Ort Hesses optimal ist, fasste die
Kassenärztliche Vereinigung zusammen. «Obwohl noch keiner der
hessischen Landkreise und keine der Städte von akuter Unterversorgung
bedroht ist, sind doch Lücken im Versorgungsbild erkennbar.»

Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und
Patienten sind zwar die hessischen Oberzentren wie Frankfurt,
Wiesbaden und Kassel bestens mit Ärzten versorgt. In den ländlichen
Regionen herrsche jedoch schon jetzt ein Mangel an Medizinern. Vor
allem die Rundumversorgung - also auch die Betreuung von Notfällen in
der Nacht - sei vielfach nicht gewährleistet, sagte Präsident
Wolfram-Arnim Candidus.

Die KV nennt zwei «Risikofaktoren» für einen Ärztemangel auf dem

Land: Zu alte Ärzte und zu alte Patienten. In den Kreisen
Hersfeld-Rotenburg, im Vogelsberg und in Werra-Meißner-Kreis war fast
jeder dritte Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Erhebung über 60. In
Waldeck-Frankenberg lag in manchen Praxen das «Patientenaufkommen»
bei 160 Prozent des hessischen Durchschnitts - vor allem wegen
vieler alter und/oder chronisch kranker Patienten.

Auf diese Probleme weist auch der Hausärzteverband hin. In den
nächsten fünf bis sechs Jahren werde sich die Situation auf dem Land
deutlich verschlechtern, warnte Verbandschef Dieter Conrad. Es sei
ein großes Problem, dass die ausscheidenden Mediziner keine
Nachfolger finden. Die Ausbildungszahlen für Allgemeinmediziner
gingen bundesweit zurück. Zudem wollten viele junge Ärzte als
Angestellte arbeiten und nicht gleich eine Landarztpraxis übernehmen
und dann alleine für die Vollversorgung zuständig sein.

Laut hessischem Sozialministerium waren im Jahr 2000 noch 60
Prozent der hessischen Ärzte unter 50 Jahre alt, bis 2010 sank der
Anteil auf 39 Prozent. «Im Jahr 2010 sind in Hessen 125 Hausärzte
ausgeschieden - demgegenüber wurden nur 97 Hausärzte neu zugelassen»,

berichtete Minister Stefan Grüttner (CDU). Um dem entgegenzuwirken,
hätten Landesregierung und Vertreter des Gesundheitswesens im
vergangenen November den «Hessischen Pakt zur Sicherstellung der
gesundheitlichen Versorgung» unterzeichnet.

Ein weiteres Problem: Ein Arzt darf innerhalb des jeweiligen
Planungsgebiets seinen Praxissitz verlegen - zum Beispiel von einem
abgelegenen Ort am Randes des Landkreises in die Kreisstadt. «Der
Odenwaldkreis ist davon derzeit am stärksten betroffen», schreiben
die Autoren des KV-Berichts. Statistisch gesehen hat der
Odenwaldkreis einen Versorgungsgrad von 113 Prozent. Daher darf sich
niemand neu niederlassen, obwohl es laut KV Mitte 2010 bereits drei
Gemeinden ohne Hausarztpraxis gab.

Auch im Vogelsbergkreis und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg
könnten nicht in allen Orten Praxen wiederbesetzt werden, ist dem
Bericht zu entnehmen. Nach Angaben des stellvertretenden
Vorstandsvorsitzenden der KV Hessen, Gerd Zimmermann, hat sich seit
Erhebung der Zahlen die Lage nicht maßgeblich verändert.

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