Intimfotos in Frauenarztpraxis - «Man fühlt sich verhöhnt» Von Isabell Scheuplein, dpa
35 000 Mal soll ein Frauenarzt heimlich Patientinnen fotografiert
haben - teils nackt während der Untersuchung. Nun kämpft er vor
Gericht um seine Zulassung als Arzt. Die Frauen sind entsetzt.
Neustadt/Schifferstadt (dpa) - Die Tat an sich scheint unfassbar.
Jahrelang soll ein Frauenarzt aus dem pfälzischen
Schifferstadt seine Patientinnen fotografiert haben - heimlich,
während der gynäkologischen Untersuchung in der Praxis. Rund 35 000
Digitalfotos wurden bei ihm gefunden, nachdem die Sprechstundenhilfen
vergangenes Jahr Verdacht geschöpft und sich an die Polizei gewandt
hatten. Nun kämpft der Mediziner vor Gericht um seine Zulassung als
Arzt. Auch das will den Patientinnen nicht in den Kopf.
«Das war noch einmal ein Schlag ins Gesicht. Man fühlt sich
verhöhnt», sagt Ute Sold, Gleichstellungsbeauftragte in Schifferstadt
und ehemalige Patientin des Gynäkologen. Sie kann sich noch genau an
den Termin bei der Polizei erinnern, die sie als Betroffene
identifiziert und ihr Bilder zugeordnet hatte. «Ich bin auf alles
gefasst gewesen, aber dass sie doch so pornografisch, so ekelhaft
sind, hätte ich nicht gedacht.» 15 Fotos habe der Arzt von ihr
gemacht, bei jedem einzelnen Termin, zu dem sie in die Praxis
gekommen war.
Als Gleichstellungsbeauftragte habe sie auch einige der anderen
Patientinnen betreut, berichtet die 47-Jährige. Keine der Frauen habe
von den Aufnahmen etwas bemerkt - neben den Fotos sind auch einige
Videos gefunden worden. Am meisten zu schaffen macht ihnen laut Sold
der Vertrauensmissbrauch, den der Gynäkologe begangen habe.
Strafrechtliche Ermittlungen gegen den Arzt laufen. Mindestens
drei Monate werden sie noch dauern, berichtet die Staatsanwaltschaft
in Frankenthal. In monatelanger Kleinarbeit hat eine
Ermittlungsgruppe der Polizei im Winter die Aufnahmen ausgewertet und
sie mehr als 1800 Patentinnen zugeordnet. Der überwiegende Teil von
ihnen hat Strafantrag gestellt, in einigen Fällen wurde Frauen
bereits Schmerzensgeld zwischen 500 und 1000 Euro zugesprochen.
Weitergegeben wurden die Fotos nach den bisherigen Erkenntnissen
nicht.
Der Mediziner hat sich noch nicht geäußert, über das Motiv
rätseln die Ermittler deshalb bis heute. Sein Anwalt Götz Stuckensen
hatte in Interviews im vergangenen Monat gesagt, der Gynäkologe könne
sich die Tat selbst nicht erklären. Einen sexuellen Hintergrund
schloss der Jurist aus und sprach stattdessen von krankhafter
Sammelwut.
Am kommenden Donnerstag (19. April) steht in dem Fall der erste
Gerichtstermin an. Vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt an der
Weinstraße setzt sich der Arzt gegen eine Entscheidung der
rheinland-pfälzischen Landesbehörden zu Wehr, nach der seine
Zulassung als Mediziner ruht. Dies ist laut Bundesärzteordnung
möglich im Fall eines «Verdachts einer Straftat, aus der sich seine
Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen
Berufs» ergeben könne.
Der Gynäkologe will nach Angaben seines Anwalts nicht mehr mit
Patientinnen arbeiten. Er sehe sich nun eher in einem Labor oder in
einem Fachverlag, eine Teil-Zulassung oder eine Approbation unter
Auflagen würde ihm deshalb vollauf genügen.
# dpa-Notizblock
## Internet
- [Pressemitteilung](http://dpaq.de/NAOoo)
## Orte
- [Verhandlung](Verwaltungsgericht, Robert-Stolz-Str. 20, 67433
Neustadt/Weinstraße, Sitzungssaal C 7)
## Service
- Aktenzeichen: 4 K 1104/11.NW
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