Burnout - die neue Volkskrankheit Von Günther Voss, dpa

Im Hamsterrad des Arbeitsalltags machen zunehmend mehr Beschäftigte
schlapp. Permanente Verfügbarkeit, steigender Leistungsdruck und
Arbeitsverdichtung lassen sie psychisch regelrecht ausbrennen. Weil
so viele betroffen sind, gilt Burnout als neue Volkskrankheit.

Berlin (dpa) - Burnout - die Diagnose steht für völlige geistige
Erschöpfung und ist nach Meinung vieler Experten eine Unterform der
Depression mit stark steigender Tendenz. Die Krankenkassen ächzen
darunter, und auch die Rentenversicherung lassen die Burnout-Folgen
nicht kalt. Die IG Metall will den krankmachenden Verhältnissen in
der Arbeitswelt nicht länger zuschauen, fordert von Arbeitsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) eine Anti-Stress-Verordnung.

Wie oft fallen Arbeitnehmer wegen Psycho-Erkrankungen aus?

Seit Jahren steigen die psychisch bedingten Krankheitstage, und
zwar deutlich. Seelische Leiden verursachen inzwischen jeden achten
Krankheitstag. Sie hatten im Jahr 2010 bei den Betriebskrankenkassen
mit gut sechs Millionen Mitgliedern 12 Prozent Anteil an allen
Fehltagen. 2009 waren es noch 10,7 Prozent. Dauert im Durchschnitt
ein Erkrankungsfall 12,8 Kalendertage, so liegen die Fallzeiten für
psychische Erkrankungen bei 35,2 Tagen. Nur bei bösartigen
Tumorerkrankungen gibt es noch längere Fehlzeiten (36,3 Tage je
Fall). Von 2004 bis 2010 erhöhte sich die Zahl der psycho-bedingten
Ausfalltage von BKK-versicherten Arbeitnehmern von durchschnittlich
4,6 Tagen je 1000 Mitglieder auf 63,2 Tage.

Wie sieht das bei der Rentenversicherung aus?

Bei den Frühverrentungen machen psychische Erkrankungen inzwischen
den Großteil aus: Wurden 1993 noch 15,4 Prozent der Frührentner
deswegen aufs Altenteil geschickt, waren es 2010 bereits knapp 40
Prozent. In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Frühverrentungen aus
psychischen Gründen um 71 Prozent auf zuletzt knapp 71 000.

Wer ist vom Burnout-Syndrom betroffen?

Schlagzeilen über «ausgebrannte» Prominente wie Skispringer Sven
Hannawald, Profifußballer Sebastian Deisler, Medienwissenschaftlerin
Miriam Meckel oder jüngst auch Ex-Schalke-Trainer Ralf Rangnick
ließen den Eindruck entstehen, es handele sich um eine
Promi-Krankheit. Die Stars bilden aber allenfalls die Spitze des
Eisbergs. Arbeitslose weisen nach Krankenkassen-Erkenntnissen
durchschnittlich die meisten psychischen Krankheitstage auf. Es
folgen Telefonisten, Kraftfahrzeugführer, Krankenpfleger und
Sozialarbeiter. Die Gewerkschaften halten auch Leiharbeiter wegen
häufig prekärer Arbeitsbedingungen und Entlohnung für höchst
gefährdet. Gestresste Manager gehören aber auch dazu.

Was sind die Gründe für das Leiden?

Die globalisierte Arbeitswelt, die internationalen Verflechtungen
von Konzernen, der Konkurrenzdruck - alles zusammen hat die
Anforderungen an die Arbeitnehmer enorm erhöht, das Arbeitstempo
beschleunigt. Auch die übermäßig hohen Rendite-Erwartungen in vielen

Branchen tragen dazu bei, sagt IG-Metall-Vorstandsmitglied
Hans-Jürgen Urban. Betroffene fühlen sich in der Tretmühle
überfordert, verzweifelt, kraftlos. Ihr Akku ist leer. Unbestritten
ist, dass auch individuelle Fähigkeiten beim Umgang mit Arbeitsdruck
eine Rolle spielen: Manche sind stress-resistenter als andere, die
früher ans Limit kommen.

Wie wird Burnout definiert?

Für die Krankenkassen ist das Leiden keine eigenständige
Krankheit. Sie sehen darin vielmehr «Probleme mit Bezug auf
Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung». Zweifel daran, dass
Ausgebrannte ihre Arbeitsunfähigkeit nur simulieren, gibt es immer
wieder. Sie sind aber nur selten zu erhärten. Vor einem Düsseldorfer
Gericht wird derzeit der Fall einer Betriebsrätin ausgefochten, die -
wegen Burnouts krankgeschrieben - angeblich auf Anraten ihrer Ärztin
an einem Segeltörn teilnahm. Der Arbeitgeber sah sich getäuscht und
sprach die fristlose Kündigung aus.

Kann eine Anti-Stress-Verordnung helfen?

Die IG Metall sagt Ja - und setzt dabei auf von der Leyen.
Überprüfbare Kriterien zur Messung und Vermeidung unnötiger
psychischer Belastungen ließen sich durchaus festlegen. Die
rechtlichen Rahmenbedingungen seien gegeben. Auf Unternehmen
passgenau zugeschnittene «Schutzwälle» gegen die Überforderung der

Beschäftigten könnten zudem in Betriebsvereinbarungen gezogen werden.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [BKK-Infos zu Burnout](http://dpaq.de/igMQ8)

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